Armutsfalle Pflege

Sollen pflegende Angehörige bezahlt werden?

| 27. Januar 2022
istock.com/Iuri Gagarin

Wer einen Angehörigen pflegt, bekommt dafür kein Geld. Obwohl der Staat durch das private Engagement viele Millionen spart. Es ginge auch anders.

Dahlia Berdrans (Name geändert) hat zwei Jobs. Sie arbeitet als Ingenieurin und betreut ihren pflegebedürftigen Mann. Vor zehn Jahren – mit Mitte 40 – erlitt er einen Schlaganfall und war vollständig gelähmt, zur Kommunikation blieben ihm nur die Augen. Er lebt in einem Pflegeheim. Die Ingenieurin besucht ihn jeden Abend nach der Arbeit und verbringt dort viele Stunden. Sie lernte, von seinen Augen zu lesen, übersetzte seine Wünsche für die Pflegekräfte, half bei der Versorgung, weil oft zu wenig Personal da war. „Er hat doch nur mich“, sagt sie. Anschließend lernte sie bis spät abends mit der Tochter für die Schule, erledigte die Hausarbeit. Ganz langsam gelang es, Dahlias Mann aus seinem Locked-In-Syndrom zu holen. Heute kann er wieder sprechen und sich selbstständig bewegen. Dahlia fährt trotzdem hin, Abend für Abend.

Wenn über die bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf gesprochen wird, geht es um Menschen wie Dahlia. Denn für sie fehlen Lösungen. Berufstätige pflegende Angehörige haben zwar die Möglichkeit, für bis zu zwei Jahre Familienpflegezeit zu nehmen und ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Doch dieser Anspruch besteht nur bei einer Pflege zu Hause und für Beschäftigte größerer Unternehmen. Außerdem wird kein Lohnersatz gezahlt. Menschen in Pflegezeit müssen von Erspartem leben oder ein zinsloses Darlehen des Staates in Anspruch nehmen, sich also verschulden.

[...]

Nichts schreibt sich von allein!

Nur für Abonnenten

MAKROSKOP analysiert wirtschaftspolitische Themen aus einer postkeynesianischen Perspektive und ist damit in Deutschland einzigartig. MAKROSKOP steht für das große Ganze. Wir haben einen Blick auf Geld, Wirtschaft und Politik, den Sie so woanders nicht finden.

Dabei leben wir von unseren Autoren, ihren Recherchen, ihrem Wissen und ihrem Enthusiasmus. Gemeinsam scheren wir aus den schmaler werdenden Leitplanken des Denkens aus.

Wir verlassen die journalistische Filterblase, in der sich viele eingerichtet haben. Wir öffnen Fenster und bringen frische Luft in die engen und verstaubten Debattenräume.

Brauchen Sie auch frische Luft? Dann folgen Sie einfach dem Button.

ABONNIEREN SIE MAKROSKOP
Schon Abonnent? Dann hier einloggen!