Ukraine-Krieg

MSC 2025: Pointen der Ignoranz

| 19. Februar 2025
IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Die EU verkennt auf der Münchner Sicherheitskonferenz der Dramatik neue Qualität: Die USA haben Europa eiskalt fallengelassen und schauen ihrem wirtschaftlichen Niedergang von der Tribüne aus zu.

Falsche Diagnosen erzeugen falsche Entscheidungen, auf deren nicht intendierten Konsequenzen wiederum falsche Diagnosen folgen, welche die ersten falschen Diagnosen verdoppeln und so weiter und so weiter – bis zum Crash. So flog der zu diesem Zeitpunkt von den besten Experten des Landes manuell gesteuerte Reaktor in Tschernobyl in die Luft; so wurde die NATO von ihrer Katastrophe in Afghanistan überrascht; so war der Krieg gegen den Irak der Humusboden für den islamischen Staat.

Um selbst verschuldete Katastrophen zu verschleiern, bedient man sich gerne verschiedener Techniken. Die Zielinversion beispielsweise tut so, als sei man nicht gescheitert, sondern habe ohnehin ein anderes Ziel gehabt. Die Aufstellung einer Verschwörungstheorie macht aus dem Effekt des eigenen Tuns ein Verschulden fremder Mächte. Lange sind derartige Lebenslügen nicht so penetrant präsentiert worden wie auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

Gleichzeitig begünstigen Katastrophen mitunter neue Einsichten, so geschehen nach der auf spekulative Deregulierung und Exzesse folgenden Finanzkrise ab 2007. Die Finanzökonomie war buchstäblich Sekunden vor der Kernschmelze, der Realökonomie drohte der totale Absturz. Die Theorie vom schwarzen Schwan, einem weltweiten Wandel von der Normalverteilungsökonomie („Mediokristan“) zu den extremen Rändern nahezu unbegrenzter Skalierbarkeit („Extremistan“) machte Nassim Nicholas Taleb weltberühmt.

Als schwarzer Schwan gilt in der Finanzökonomie ein Ereignis, das drei Kriterien erfüllt: Es muss erstens ein höchst unwahrscheinliches – also mit normalen Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen und sogenannten Risikomaßen nicht erfassbares –, zweitens ein in der Auswirkung sehr extremes, einschneidendes und schließlich ein in der Rückbetrachtung dennoch absehbar gewesenes Ereignis sein. Die Pointe ist, dass ein solches Ereignis herbei-reguliert oder herbei-dereguliert werden kann. Letzteres geschah in den zwei Dekaden vor der großen Finanzkrise.

Aktuell sieht es nach einer Top-Down Regulierung zugunsten des am wenigsten Nutzen stiftenden Sektors einer Volkswirtschaft, dem Rüstungssektor, aus. Hier von Investitionen zu sprechen, ist reiner Etikettenschwindel. Staatsausgaben in Rüstung, selbst wenn sie für eine Phase (kriegs-)keynesianische Züge tragen, sind konsumtiv, sie verrotten im besten Fall friedlich und schaden „nur“ dem sozialen Zusammenhalt, oder aber sie kosten zusätzlich zum sozialen Breakdown noch unzählige Menschenleben.

Vom Diktatkrieg zum Diktatfrieden

Niemand hat als Begründung seiner Zusage, zu helfen, as long as it takes, die Formel, es dürfe keinen Diktatfrieden in der Ukraine geben, stärker bemüht als Olaf Scholz. Nun wird es aber wohl genau einen solchen geben! Wie sonst kann man die Aufforderungen der letzten drei Jahre an die Ukraine werten, Erfolge vorzuweisen, jüngere Männer in den Krieg zu schicken, für die wertvollen ukrainischen Bodenschätze zu kämpfen? Diese Aufforderungen kamen – mit Ausnahme derjenigen, die Friedensverhandlungen in Istanbul vom März 2022 abzubrechen – samt und sonders stets zuerst aus den USA. Was als Verteidigung gegen einen (gleichwohl nicht unprovozierten) Völkerrechtsbruch begann, wurde zum Menschenopfer fordernden, zum verordneten Krieg. Und das ist die zweite schmerzhafte Pointe: Was können wir nach einem mit Milliarden der Führungsmacht gesponsorten Diktatkrieg anderes erwarten als einen Diktatfrieden?

Glauben versus Prüfen

Spätestens mit der durch einen einzigen Anruf belegten russischen Verhandlungsbereitschaft hat das politische Mantra, Putin würde nach der Vernichtung der Ukraine weiter gen Westen ziehen, seine Glaubwürdigkeit verloren. Mit welcher Truppenstärke denn bitte? Eine Grundregel unter Militärexperten lautet, dass man zur nachhaltigen Eroberung fremden Gebietes ein Mehrfaches (mindestens Faktor 3) der gegnerischen Armee benötigt. Woher soll er eine solche Militärmacht nehmen gegen eine NATO mit 3,4 Millionen aktiven Angehörigen, davon allein in europäischen Ländern über 2 Millionen?

Und wofür? Braucht Putin eine Story vom Volk ohne Raum, wie Hitler? Welche Schätze fehlen in der russischen Erde, wofür sich ein Eroberungskrieg – wie in den Hochphasen imperialistischer Kolonialmächte – mit millionenfachen Menschenopfern lohnen könnte? Und warum sollte er – gleich wie autokratisch und psychopathisch er bei uns gilt – die mehrheitliche Zustimmung der Bevölkerung für seinen aktuellen Angriff aufs Spiel setzen, die er für einen nicht gewinnbaren Krieg gegen Europa todsicher verlöre?

Nichts an der Erzählung stimmt mehr und so kommen wir zur dritten Pointe: Trump glaubt Putin. Warum testen wir die Glaubwürdigkeit nicht selbst, bevor wir den gesamten Zusammenhalt Europas riskieren?

Out of time

Es ist noch verrückter: Das Timing des Konfliktes liegt jetzt in den Händen der USA und Russlands. Je länger er dauert, desto weiter wird Russland einerseits vorrücken und jegliche NATO-Ambitionen distanzieren, andererseits aber auch eigene Menschenleben opfern und Ressourcen verbrauchen, eine makaber-schwierige Abwägung. Und desto mehr Waffen wird eine mangels Einstimmigkeit immer wahrscheinlichere EU-Koalition der Willigen Waffen in den USA gemäß deren ausdrücklichem Wunsch bestellen. Man wird also versuchen, den Schnittpunkt zu finden, bis zu dem diese eigentlich ambivalenten Ziele und Interessen noch eine gewisse Konvergenz aufweisen. Aber die vierte Pointe ist: Die EU ist nicht nur aus diesem Kernprozess ausgeschlossen, sondern durch externes Timing auch in einem Effekt gefangen, den die Verhaltensökonomie gut kennt.

Gerade der Ukraine-Gipfel der offenbar willigen Staatengruppe in Paris hat viel von dem Fehler, den Verhaltensökonomen den Concorde-Effekt nennen. Dieser Effekt beschreibt das Phänomen des gigantomanischen, futuristischen Flugzeugs Concorde, von dem nach einiger Zeit jeder halbwegs ökonomisch Denkende wusste, dass es ein ineffizientes Kostengrab war, aber man hatte bis zum unrühmlichen Ende immer weiter Ressourcen investiert – besser: verbrannt – aus einem einzigen Grund, nämlich dem, dass man ja vorher schon so viel Geld „investiert“ hatte.

Wenn die Falschen das Richtige tun

Zumindest aktuell agieren die USA wesentlich klüger, sie erliegen diesem Effekt nicht. Was unter Biden bereits heranreifte, wird nun zum neuen Paradigma der USA unter Trump: Frieden kostet weniger als Krieg, und wenn man es schlau anstellt, erreicht man das Primärziel, indem man das ohnehin unerreichbare Sekundärziel – die wirtschaftliche Ruinierung Russlands – aufgibt.

Für die offenherzige Benennung dieses Primärziels ist ein prominenter Vertreter der amerikanischen Neokonservativen immer gut – Senator Lindsay Graham, unter anderem auch häufiger Gast auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Er forderte vor fast einem Jahr den Kampf bis zum letzten Ukrainer für den Zugriff auf dortige Mineralienreserven von 10 bis 12 Billionen Dollar. Auf der diesjährigen MSC gab er dem erstaunten Publikum den Rat: „Ich kann Sie nur dazu auffordern, ein Bodenschatzabkommen mit der Ukraine abzuschließen.“[1]

Ähnlich offenherzig teilte MdB Roderich Kiesewetter mit, es handele sich auch um die wirtschaftliche Frage „eigener (sic!) Lithium-Vorkommen“. So ist die fünfte Pointe der Unterschied zwischen den beiden Ansätzen: Die über Jahrzehnte so kriegerische USA werden genau darum verhandeln, während die Kinder des Friedensprojekts EU darum weiter Krieg führen wollen.

Aber eine Koalition der Willigen, wie sie nun diskutiert wird, würde auf tönernen Füßen stehen. Auf den NATO-Beistandspakt könnte sie nur sehr begrenzt hoffen und am wenigsten auf Schützenhilfe durch die USA. Die Beistandsklausel in Art. 5 des NATO-Vertrages, auf die so leichtfüßig verwiesen wird, ist keineswegs zwingend. Die Art des Beistands lässt erheblichen Spielraum für den Beistand Leistenden. Es darf spekuliert werden, wie gemeinsam oder aber einsam die eskalierenden Kräfte am Ende dastünden.

Leaks ganz ohne Wiki

Die USA vollzogen vor den Augen der erstaunten Weltöffentlichkeit (und der verstörten EU) ihre 180 Grad Drehung. Die EU-Mehrheit hingegen vollzieht die dereinst seitens unserer Außenministerin in unfreiwilliger Pointe von Putin geforderte 360 Grad-„Wende“ genau in diesem Moment! Die Einstein’sche Formel von Wahnsinn – dasselbe tun und andere Ergebnisse erwarten – erfüllen, nein: übererfüllt Baerbock wahrscheinlich sogar mit einem unfreiwillig ausgeplauderten 500 bis 700 Milliarden Programm, das eigentlich erst nach der Bundestagswahl implementiert werden sollte, um den „Schlaf der Vernunft“ des deutschen Michels nicht zu stören. Nun aber – sechste Pointe – ist es raus.

Der Satz von Egon Bahr, wonach es in der internationalen Politik nie um Demokratie oder Menschenrechte gehe, sondern um die Interessen von Staaten, was die ihm damals zuhörenden Studenten sich gefälligst mal merken sollten, wäre lediglich um die täglich ins mediale Schaufenster gestellte Freiheit zu ergänzen. Dann ist er wieder bedrückend aktuell.

Kein Ziel, kein Risikomanagement

Womit wir wieder beim eingangs erwähnten Dickicht der Ziele wären. Die Verantwortlichen sind offenbar getrieben von einer besonderen Art von Zielbild: der Verteidigung von Freiheit in regelbasierter Weltordnung (das Visionäre), über die Prävention gegen einen Angriff auf Europa (das Angstziel), hin zur Baerbock‘schen Ruinierung Russlands (in der Blinken’schen Version die „Auferlegung von Kosten“), und schließlich waren da plötzlich noch die erwähnten Bodenschätze. Solange man die Mahnung von Egon Bahr erfolgreich ignorieren kann, taugt ein so amorphes Zielbild hinreichend zum Konformismus einer Phalanx, hinter der sich auch eigentlich für Diplomatie plädierende durchaus Gutwillige versammeln können. Man kann die Reihen immer wieder schließen, da ja für jeden etwas dabei ist.

Da im Kampf um die vorgeblichen Ziele aber die wenigsten sterben wollen, werden mit wachsender Offensichtlichkeit der kommenden militärischen Niederlage, all die geplanten Entbehrungen fokussiert auf die vielfach belegte stärkste Motivation menschlichen Handelns. Das Angstziel, also die Propagierung des Risikos, Putin, der nach Macht und neurussischer Gebietsausweitung hungrige Autokrat, werde nach der Ukraine verschnaufen und dann – etwa 2029 – gen Westen weiterziehen, verdrängt eine dringend notwendige, auch vom ehemaligen Merkel-Berater von Erich Vad geforderte realistische Zieldebatte.

Das viel näher liegende Risiko aber ist, entgegen dezidierter Warnungen Russlands, mit der Bereitschaft von Friedrich Merz, Taurus-Flugkörper zu liefern, und weiterer Länder, sogar Truppen in die Ukraine zu schicken, zum Ziel russischer Hyperschallwaffen zu werden.

In einer Unternehmensbilanz wäre dies vergleichbar der Abwägung zwischen auf die Zukunft gerichteten Rücklagen wegen möglicher Verluste einerseits und Rückstellungen für Zahlungsverpflichtungen, welche aus den Handlungen der Gegenwart resultieren, andererseits. Kein Konzernmanager könnte im Aufsichtsrat ein so übersteuertes „Panik-Risikomanagement“ heil überstehen, das für einen ohne genaue Fundierung vermuteten worst case gigantische Rücklagen bildet und damit den Shareholdern Gewinne vorenthält, während er einen akut drohenden worst case ignoriert.

Aber – siebte Pointe – wir funktionieren derzeit eher so, wie schon ein Versuch aus den 80er Jahren belegte: In komplexen Situationen wächst die Entscheidungsfreudigkeit mit der Verweigerung von Informationsaufnahme und gefühltem Zeitdruck – und damit ihre Wahrscheinlichkeit des Scheiterns. Für beides war die MSC ein unrühmlicher Meilenstein.

Ersehnte und reale Stärke

Denn zum Leitmotiv wurde dort die Binsenweisheit, wer vorschnell Kompromisse anböte, könne nicht mehr aus der Position der Stärke verhandeln. Ausgerechnet den USA eine solche Lektion erteilen zu wollen, zeigt das ganze Elend unserer Reflexionsfähigkeit und ist schon für sich eine achte Pointe. Eine Positionierung der Stärke benötigt vor allem anderen eines: reale Stärke. Mit welchem Trumpf wollen wir Putin etwas abtrotzen? Die USA handeln weder naiv noch „putinophil“, sondern kühl und geschäftlich getrieben. Sie wissen, dass jetzt wirtschaftliche Faustpfande aussichtsreicher geworden sind als militärische.

Die EU hätte es merken und die Folgen absehen können. Die Ukraine suchte von Beginn an Deals mit Finanziers aus den USA. Mit dem größten Kapitalanleger der Welt, Blackrock, besteht ein Abkommen über die Koordination des Wiederaufbaus. Millionen Hektar des fruchtbarsten Landes der Welt sind bereits in ausländischen Händen, nachdem die ukrainische Regierung das gesetzliche Verbot, ihr agrarisches Tafelsilber international zu verkaufen, geschleift hatte.

Trump pumpt kein Geld mehr in einen offensichtlich verlorenen Krieg, sondern schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Er zieht die Notbremse, öffnet mittels diplomatischer Offensive eine Tür zu Putin und kann sich im Westen als erster friedensfähiger US-Präsident seit vielen Jahren präsentieren. Unser aller bittere neunte Pointe: Nie zuvor konnte ein Riesen-Coup, verübt ausgerechnet von einem erzkonservativen Nationalisten, Teile der Liberalen, der sozialdemokratisch Denkenden, der Grünen, der Friedensbewegung, und nicht zuletzt der Linken in all ihrem moralischen Politikverständnis auch nur annähernd so paralysieren.

Die EU glaubt lediglich mal wieder unfreundlich düpiert worden zu sein, verkennt aber der Dramatik neue Qualität: Man hat Europa eiskalt fallengelassen und schaut ihrem wirtschaftlichen Niedergang von der Tribüne aus zu.

Deal? What Deal?

Denn Trump‘s Faustpfand wirkt dreifach: Nicht nur gegenüber Russland, dessen Kriegskosten er mindert, wenn er einen Deal über die seltenen Bodenschätze der Ostukraine schließen kann. Was liegt näher als sich gleichzeitig für den Konflikt mit dem den Weltmarkt dominierenden China den Rücken freizuhalten, indem man von Russland die meisten solcher Erden günstig einkauft?

Da auch Russland diesen Krieg zu akzeptablen Konditionen loswerden will, stehen die Aussichten auf günstige Preise nicht schlecht. Damit würde er drittens einer europäischen, insbesondere einer deutschen Hoffnung, einen herben Schlag versetzen: Die EU hat sich mit dem Green New Deal verzockt. Man hat sich der preisgünstigen Energie für die industrielle Basis und der fossilen Backup-Kraftwerke beraubt, man verscherzt es sich unter dem Euphemismus des De-Risking mit China (um ausgerechnet der USA Rechnung zu tragen), man sucht verzweifelt billige Energie, sei es auch bei autoritären Regimen, und schließlich hat man jegliche Handelsoption mit dem an Ressourcen so reichen Russland mindestens auf Jahrzehnte restlos vergeigt. Tiefer kann man sich nicht einmauern.

Dem sauberen Green New Deal droht – zehnte Pointe – nichts weniger als die Beerdigung in der Ukraine!

Aus der Geschichte lernen?

China wollte Europa auf der MSC die Hand reichen, um vom auf dem Gang bereitstehenden Katzentisch weg in den Verhandlungssaal zu kommen. Außenminister Wang Yi legte neben der Forderung nach territorialer Integrität wortwörtlich Wert darauf, dass alle Beteiligten, auch die Europäer, am Verhandlungstisch sitzen sollten.[2] Wurde die Geste wohlwollender Diplomatie denn nicht einmal bemerkt? Macht unsere China-Politik uns so blind und taub?

Die amerikanische Historikerin Barbara Tuchman hat drei Kriterien genannt, welche die Torheit der Regierenden – so auch ihr Buchtitel – charakterisieren: sie sind zum Ersten gegen die offensichtlichen, objektiven Interessen des eigenen Landes gerichtet, werden zum Zweiten gegen praktikable und zum Zeitpunkt der falschen Entscheidungen bereits bekannte Alternativen durchgesetzt und dies zum Dritten nicht alleine von einem Autokraten, sondern von einer ganzen Elitegruppe umgesetzt.

Die sogenannten Parteien der Mitte sind gefangen in den hier in zehn Pointen umrissenen Dilemmata. Denn es geht darum, zur Finanzierung der Desaster durch dann hinreichend sedierte oder angsterfüllte deutsche Mittelschichten sichere parlamentarische Mehrheiten zu schaffen. Auf der neu-rechten Seite des Parteienspektrums sitzt eine in ideologisch getriebener Begeisterung von Musk und Trump (in dieser Reihenfolge!) gefangene Kraft, die noch die letzte Phase einer Melonisierung und damit Läuterung zur Koalitionsfähigkeit durchlaufen muss, um als Reservekraft fungieren zu können.

Wenn das nicht hilft, blieben nur noch bonapartistisch anmutende Strategien, denn solche wie die Präsidialkabinette nach Artikel 48 der Weimarer Verfassung lässt unser Grundgesetz nicht zu. Die neue Rechte steht – jetzt oder auch später – bereit. Und die etablierte Rechte der Mitte wird sich, wenn es denn gar nicht anders geht, nötigenfalls wohl nicht allzu sehr zieren. Von der Leyen kann sich auf ihre Freundin, Giorgia Meloni sicherlich verlassen. Und umgekehrt.

Ob in Zukunft eine parlamentarische Kraft heranwachsen kann mit dem Potenzial, die drängenden Themen zwischen wirtschaftlicher Basis, sozialer Kohärenz und wachsender Kriegsgefahr in souveräner Klarheit zu artikulieren, ohne sich einerseits in links-grünem Moralin zu verstricken oder sich anderseits von neuen rechten Kräften dies- und jenseits des Atlantiks ideologisch kontaminieren zu lassen, wird am Sonntag einem ersten Härtetest unterzogen.

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[1] Eigene Mitschrift der simultan gedolmetschten Münchener Sicherheitskonferenz bei Phönix
[2] Eigene Mitschrift der simultan gedolmetschten Münchener Sicherheitskonferenz bei Phönix