Karl Polanyis fehlgeschlagene Revolution
Die liberale Weltordnung steht einmal mehr vor dem Kollaps. Für Karl Polanyi wäre das ein Grund für Optimismus gewesen – heute jedoch fällt das zunehmend schwer.
Nur wenige Denker des 20. Jahrhunderts hatten einen so dauerhaften und tiefgreifenden Einfluss wie Karl Polanyi. „Manche Bücher weigern sich zu verschwinden - sie werden aus dem Wasser geschossen, tauchen aber wieder auf und schwimmen weiter“, bemerkte der Wirtschaftshistoriker Charles Kindleberger über Polanyis Meisterwerk The Great Transformation. Dies gilt heute, 60 Jahre nach Polanyis Tod und 80 Jahre nach der Veröffentlichung des Buches, mehr denn je. Während die Gesellschaften weiterhin mit den Grenzen des Kapitalismus ringen, bleibt das Buch die wohl schärfste Kritik am Marktliberalismus, die je geschrieben wurde.
Polanyi wurde 1886 in Österreich geboren und wuchs in Budapest in einer wohlhabenden deutschsprachigen bürgerlichen Familie auf. Obwohl diese nominell jüdisch war, konvertierte Polanyi schon früh zum Christentum – oder genauer gesagt: zum christlichen Sozialismus. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zog er ins „rote“ Wien, wo er Redakteur der angesehenen Wirtschaftszeitschrift Der Österreichische Volkswirt wurde. Dort profilierte er sich als früher Kritiker der neoliberalen oder „österreichischen“ Schule der Wirtschaftswissenschaften, vertreten unter anderem von Ludwig von Mises und Friedrich Hayek. Nach der Machtübernahme der Nazis in Deutschland 1933 wurden Polanyis Positionen gesellschaftlich geächtet. Er immigrierte erst nach England und 1940 in die Vereinigten Staaten. The Great Transformation schrieb er, während er am Bennington College in Vermont lehrte.
[...]Nichts schreibt sich von allein!
MAKROSKOP analysiert wirtschaftspolitische Themen aus einer postkeynesianischen Perspektive und ist damit in Deutschland einzigartig. MAKROSKOP steht für das große Ganze. Wir haben einen Blick auf Geld, Wirtschaft und Politik, den Sie so woanders nicht finden.
Dabei leben wir von unseren Autoren, ihren Recherchen, ihrem Wissen und ihrem Enthusiasmus. Gemeinsam scheren wir aus den schmaler werdenden Leitplanken des Denkens aus.
Wir verlassen die journalistische Filterblase, in der sich viele eingerichtet haben. Wir öffnen Fenster und bringen frische Luft in die engen und verstaubten Debattenräume.
Brauchen Sie auch frische Luft? Dann folgen Sie einfach dem Button.
ABONNIEREN SIE MAKROSKOP