Wie „Tech-Libertäre" lernten, den Staat zu lieben
Die staatsferne Utopie des Silicon-Valley-Libertarismus scheitert bereits an ihren eigenen Herolden: Oft winken politische Macht und volle Auftragsbücher – ausgerechnet durch den verhassten Staat selbst.
Der Multimillionär und Tech-Investor Balaji Srinivasan machte sich 2013 einen Namen als radikaler Staatsgegner, als er in einem Vortrag den „ultimativen Abschied“ des Silicon Valley von den USA ankündigte und diese als „Microsoft unter den Ländern“ verspottete. Im vielleicht einprägsamsten Teil seiner Rede bezeichnete Srinivasan Amerikas „Papiergürtel“, – also Washington mit seinen Gesetzen und Vorschriften, Boston als Sitz berühmter Hochschulen, Los Angeles mit seiner Unterhaltungsindustrie und New York City als Zentrum der Werbe- und Zeitungsbranche – als den „Rostgürtel“ unserer Zeit.
Seiner Meinung nach war das Silicon Valley dabei, diese vier traditionellen Machtzentren Amerikas der Nachkriegszeit zu überflügeln, weil es der Gesetzgebung immer eine Nasenlänge voraus war, akademische Karrieren verachtete, immer neue Streaming-Dienste einführte und das Direktmarketing neu erfunden hatte. In den nächsten Jahren verschärfte Srinivasan seine „tech-libertäre“ Botschaft. In langatmigen Reden brachte er seine Verachtung für die Regierung zum Ausdruck und schwärmte in lyrischen Worten von einem „Netzwerkstaat“ oder einer neuen Form von Polis, in der sämtliche Entscheidungen durch Besitz, Kauf und Verträge getroffen werden.
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