Javier Mileis wunderbare Wohnungsvermehrung
Mehr Wohnungen, sinkende Mieten in Argentinien: War Mileis Deregulation des Wohnungsmarkts wirklich das richtige Werkzeug?
Javier Milei ist für libertäre Geister eine Art Messias. Der argentinische Präsident will den Staat weitgehend abschaffen, zumindest da, wo er ihn für überflüssig hält, und dem Markt freie Bahn verschaffen.
Vor ein paar Tagen hat die BILD berichtet, dass der argentinische Messias mit der Deregulation des Wohnungsmarkts in Argentinien eine wunderbare Wohnungsvermehrung bewirkt hat:
„Auf Immobilien-Webseiten stieg das Angebot an Mietwohnungen um fast 200 Prozent, die Mieten sanken (inflationsbereinigt) um rund 40 Prozent.“
Titel des BILD-Beitrags: „Mieten sinken, weil der Staat sich raushält.“ In das gleiche Horn blasen diverse libertäre Foren. Und am Ende seines Beitrags fragt BILD:
„Sollten Länder wie Deutschland nachziehen? Auch hierzulande werden Wohnungen immer knapper und teurer.“
Zum ganzen Bild der Geschichte gehört aber mehr, als BILD schreibt. Die Mietpreisbeschränkungen in Argentinien hatten eine fatale Wirkung auf den Wohnungsmarkt, weil die Inflation extrem hoch ist – seit Mileis Amtsantritt Ende 2023 übrigens besonders hoch – und die Vorschriften für den Mietmarkt eine flexible Anpassung der Mieten an die Inflation verhindert haben.
Insofern war es in Argentinien oft nicht lohnend, eine Wohnung mit längerer Mietpreisbindung zu vermieten. Des Weiteren, so liest man, wurde die erwartete Inflation bei Vertragsabschluss eingepreist. Das heißt, die Wohnungen wurden zu erhöhten Preisen vermietet.
Interessant wäre, ob die Mileische Wohnungsvermehrung auch den Ärmeren in Argentinien etwas bringt. Das Handelsblatt schreibt, dass die Armutsquote im ersten Halbjahr 2024 auf 53 Prozent gestiegen sei, heißt: jeder zweite Argentinier ist arm. Wie viele von ihnen werden sich eine der neu auf den Markt gekommenen Wohnungen leisten können?
Unstrittig Recht hat die BILD damit, dass auch deutsche Wohnungen immer knapper und teurer werden. Mietpreisbremsen allein beseitigen den Mangel an bezahlbarem Wohnraum sicher auch hierzulande nicht. Allerdings sind die Rahmenbedingungen in Deutschland ganz anders als in Argentinien. Die Inflation ist kein Vermietungsrisiko und in den Ballungsräumen steigen die Mieten einfach, weil der Markt es hergibt. Das würde sich durch die Abschaffung von Mietspiegeln und anderen Instrumenten des Mieterschutzes nicht ändern, im Gegenteil.
Dass der Ampel in drei Jahren Regierungszeit nicht viel eingefallen ist, um den Wohnungsmarkt in Deutschland zu entspannen, spricht nicht für die Ampel – es spricht aber auch nicht für Mileis Rezepte.