EU

Angebotspolitik als Ersatz für Nachfragepolitik?

| 03. Mai 2013
Jean Baptiste Say / c:famouseconomists.net/jean-baptiste-say

In der letzten Woche gab es eine große Kontroverse in der Financial Times (FT vom 26.4.2013) über die Frage, ob man nicht auch mit Maßnahmen der Angebotspolitik die Konjunktur anregen könne, statt immer auf Nachfrage durch Verschuldung zu setzen (der englischen FT natürlich, nachdem es die deutsche nicht mehr gibt; die englische war und ist in meinen Augen die beste europäische Wirtschaftszeitung). So schreibt Philip Stephens, dass solche Volkswirtschaften mehr Zeit für die Konsolidierung ihrer Staatshaushalte bekommen sollten, die angebotspolitische Reformen und eine Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit durchsetzen.

Das wirft eine alte, aber immer noch zentrale Frage auf. Gerade die deutsche Position in Europa läuft darauf hinaus, mit einem Pakt für mehr Wettbewerbsfähigkeit dafür zu sorgen, dass alle Staaten auf der Angebotsseite ihrer Volkswirtschaften anpacken, um Europa aus dem Sumpf zu ziehen. Nun basieren aber alle Facetten der Angebotspolitik, wie ich schon vor vielen Jahren in meinem ersten großen wissenschaftlichen Artikel dargelegt habe (Was ist Angebotspolitik? in der Zeitschrift „Konjunkturpolitik“, im Jahre 1982, S. 75-138), auf einem großen Missverständnis und entbehren deshalb einer vernünftigen wissenschaftlichen Basis. Das räumt der Autor der FT dann am Ende auch indirekt ein und folgert daraus, die Politiker sollten lieber den gesunden Menschenverstand benutzen statt auf ökonomische Theorien zu bauen. Das wiederum ist jedoch gefährlich, denn vom rein mikroökonomisch geprägten gesunden Menschenverstand à la schwäbische Hausfrau haben wir schon viel zu viel. Ohne ein Grundverständnis für gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge geht es eben auch nicht, obwohl ein vollständiges Beiseitelegen der Angebotspolitik zur Krisenbewältigung bereits ein großer Fortschritt wäre.

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