Bundespräsident Gauck in Athen: Schuster, bleib bei deinem Leisten!
Anlässlich einer Reise nach Griechenland hat Bundespräsident Joachim Gauck am 6. März in Athen eine Rede gehalten. Das musste absehbar auf einen Drahtseilakt hinauslaufen. Denn seit Ausbruch der Eurokrise drängt vor allem Deutschland direkt und auch mittels seiner Einflussmöglichkeiten auf die Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF auf Reformen der griechischen Wirtschaft. Nicht nur in der Wahrnehmung vieler Griechen, sondern auch zunehmend in wissenschaftlichen Analysen wird die seit sechs Jahren herrschende schwere Wirtschaftskrise in Griechenland (und anderswo) mit diesen Reformen in Verbindung gebracht. Die Vertröstungen, die Reformen seien zwar hart, aber unvermeidlich und würden zu einer bald sichtbar werdenden Verbesserung der Lage führen, sind so zahlreich wie die Misserfolge der bisherigen Strategie der Austerität, Flexibilisierung und Privatisierung.
Insofern war es sicher eine Herausforderung für den deutschen Bundespräsidenten, der ja keine direkte Verantwortung für die deutsche Wirtschaftspolitik trägt, die rechten Worte für seine "Solidarität" mit dem griechischen Volk zu finden. Dass er sich zu offener Kritik an der deutschen Regierung und der Strategie der Troika hinreißen lassen würde, war nicht zu erwarten. Dass er aber seine Solidarität – offenbar aus vollständiger Unkenntnis der Sachzusammenhänge – dadurch zu verdeutlichen suchte, dass er die Situation Griechenlands mit der osteuropäischer Staaten nach dem Fall des Eisernen Vorhangs verglich, war dann doch ein schlimmerer Absturz bei diesem Drahtseilakt, als ich Joachim Gauck vorab zugetraut hätte.
[...]Nichts schreibt sich von allein!
MAKROSKOP analysiert wirtschaftspolitische Themen aus einer postkeynesianischen Perspektive und ist damit in Deutschland einzigartig. MAKROSKOP steht für das große Ganze. Wir haben einen Blick auf Geld, Wirtschaft und Politik, den Sie so woanders nicht finden.
Dabei leben wir von unseren Autoren, ihren Recherchen, ihrem Wissen und ihrem Enthusiasmus. Gemeinsam scheren wir aus den schmaler werdenden Leitplanken des Denkens aus.
Wir verlassen die journalistische Filterblase, in der sich viele eingerichtet haben. Wir öffnen Fenster und bringen frische Luft in die engen und verstaubten Debattenräume.
Brauchen Sie auch frische Luft? Dann folgen Sie einfach dem Button.
ABONNIEREN SIE MAKROSKOP