Kommentar

Corona: das Waterloo des Neoliberalismus

| 26. März 2020
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Neoliberalismus ist eine sich als objektive Wirtschaftswissenschaft ausgebende egoistische Weltanschauung, die der Mehrheit der Menschen zum Nachteil gereicht. Doch jetzt erweist sie sich als mörderisch.

Leider kann ich mich angesichts einer weltweiten Krise nicht darüber freuen, mit den volkswirtschaftlichen Thesen meines Buches und meiner Falter-Kommentare rundum Recht behalten zu haben:

  • Sparen des Staates, wie Angela Merkel und Olaf Scholz in Deutschland oder Sebastian Kurz und Gernot Blümel in Österreich es predigen und der "Sparpakt" es erzwungen hat, hat die Gesundheits- und Sozialsysteme fast aller EU- Staaten in dem Ausmaß geschwächt, das uns "Corona" jetzt vorführt. Die Schwächung der Gesundheitssysteme überträgt sich direkt proportional auf die Wirtschaft. Die Schwächung der Sozialsysteme wird die Krise verschärfen und die Erholung erschweren.
  • Es stimmt nicht mehr, was John M. Keynes für seine Zeit zu Recht gefordert hat: Dass der Staat in guten Zeiten ansparen soll, was er in schlechten ausgibt. Denn erstmals in der Geschichte sind nicht nur Bürger, sondern auch Unternehmen (die in der Vergangenheit stets Schuldner waren) "Nettosparer". Und jemand - es bleibt nur der Staat - muss Schulden machen, damit die Wirtschaft wachsen kann.
  • Und die "Lohnzurückhaltung", die Österreich miterfunden und Deutschland perfektioniert und allen EU-Staaten mehr oder minder aufgezwungen hat, führt dazu, dass wir den Rückgang der Exporte in die USA und nach China doppelt schmerzlich spüren werden, weil mit den Löhnen Europas Kaufkraft massiv zurückgehalten wurde. Gemeinsam mit "Exportkaiser" Deutschland wird Österreich daher überproportional leiden.

Beides, Sparen des Staates und Rückgang der "Löhne" relativ zu "Gewinnen", sind typischer und zwingender Ausfluss des Neoliberalismus. Und wenn "Corona" etwas Positives mit sich bringt, dann ist es sein Waterloo. Es entlarvt ihn als das, was er ist: Eine sich als objektive Wirtschaftswissenschaft ausgebende egoistische Weltanschauung, die der Mehrheit der Menschen zum Nachteil gereicht.

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