EU

Das Gegenstück zu Kapitalverkehrskontrollen in einer Währungsunion

| 06. Juli 2015

„Aus welchem Grund sollten wir den Griechen Geld für ihre Renten und Beamtengehälter geben, also letzten Endes ihren Konsum finanzieren?“ So oder so ähnlich wird an deutschen Stammtischen rhetorisch gefragt, wenn es um die Griechenlandkrise geht. Und die Antwort ist so simpel wie die Frage: „Aus keinem. Wir haben ihnen schon Geld gegeben und es hat nichts gebracht. Die Griechen haben ihre Wirtschaft nicht flott bekommen und deshalb muss jetzt Schluss damit sein. Niemand kann sich auf Dauer von anderen freihalten lassen.“

An dieser Argumentation stimmt fast nichts, trotzdem ist sie weit verbreitet. Ich will also noch einmal versuchen zu erklären, warum sie falsch ist und worum es eigentlich geht. Die Fehlinformation fängt bei der Vorstellung an, mit deutschen Steuergeldern würde der Konsum griechischer Bürger bezahlt. Natürlich gibt es Fördermittel aus EU-Kassen für die verschiedensten Bereiche (Agrarfonds, Sozialfonds, Regionalfonds, Kohäsionsfonds usw.), die von den Mitgliedsländern der EU aufgebracht und an sie wieder verteilt werden. Griechenland gehört zu den Nettoempfängern genau wie Polen, Ungarn oder Portugal, Deutschland ist hingegen der größte Nettozahler. Deutschland ist aber auch mit Abstand der größte Profiteur des europäischen Binnenmarktes: Kein anderes Land macht mit den übrigen Ländern Europas so viel Nettoexportüberschüsse wie Deutschland. Hätte Deutschland noch seine eigene Währung, wäre es zwar sicher ebenfalls noch Nettozahler beim EU-Haushalt, aber es hätte auch eine wesentlich höher bewertete Währung, so dass seine Exportüberschüsse deutlich kleiner wären (gegenüber Europa und gegenüber dem Rest der Welt). Doch um diese EU-Gelder geht es im Schuldenstreit mit Griechenland gar nicht, auch wenn in manchen Berichten inzwischen ein solcher Eindruck erweckt wird.

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