Das unregierbare Land
Deutschland hat ein kompliziertes Wahlrecht, das sich mehr und mehr als schwere Hypothek erweist. Thüringen zeigt, dass es so nicht weiter geht. Radikale Lösungen sind angesagt.
Wenn wir es nicht schon gewusst hätten, die Landtagswahl in Thüringen hätte es erneut bestätigt: Deutschland wird langsam aber sicher unregierbar. Mit der Aufspaltung der Konservativen, die von der AfD erfolgreich vorangetrieben wird, werden die möglichen Regierungskonstellationen, die das halbherzige deutsche Verhältniswahlrecht produziert, immer unübersichtlicher. In Thüringen reichen schon vier Parteien aus „der Mitte“ nicht mehr aus, um eine Mehrheit im Parlament zu bekommen.
Was in den Gründerjahren der Bundesrepublik wie eine ideale Lösung der komplizierten Wahlrechtsfrage aussah, die all die unbestreitbaren Nachteile eines reinen Mehrheitswahlrechts zu vermeiden half, erweist sich in einer weniger einfach strukturierten Parteienlandschaft als gewaltige Hypothek. Schon die permanente Aufblähung des Parlaments durch Überhangmandate, die von der deutschen Mixtur aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht geschaffen werden, ist auf Dauer untragbar. Noch viel untragbarer wird die Demokratie, wenn sich Regierungen nur noch mit Gewalt und unter Einebnung aller programmatischer Kanten und Ecken aus vielen mittelgroßen Parteien bilden lassen.
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