Konjunktur

Der DGB dreht durch

| 17. März 2013
istock.com/Tony Ivanov

Jetzt brechen endlich Schlaraffenlandzeiten an: Der DGB erklärt, dass höhere Löhne keine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und seine Exportchancen darstellten und deshalb ein höheres Lohnniveau hierzulande unproblematisch sei.

Na, dann kann es ja an den gebratenen Tauben nicht mehr fehlen, die uns in den Mund fliegen, oder? Der DGB stützt seine Meinung auf die wissenschaftliche Arbeit einer Mitarbeiterin der Deutschen Bundesbank von 2008, die belegen soll, dass ein Prozent höhere Preise im Inland gegenüber dem Ausland nur ¼ Prozent weniger Exportnachfrage bedeute.

Warum das, wenn denn dieser empirische "Nachweis" so isoliert betrachtet überhaupt eine gesamtwirtschaftlich sinnvolle Aussage beinhalten sollte, eine gute Nachricht für die deutschen Arbeitnehmer sein soll, bleibt das Geheimnis des DGB. Denn die zitierte Studie bezieht sich explizit auf den relativen Abstand der inländischen gegenüber den ausländischen Preisen. Das hieße aber, dass der seit Beginn der Europäischen Währungsunion Jahr für Jahr mühsam und unter Agenda-2010-Schmerzen angesammelte Preisvorteil Deutschlands gegenüber z.B. Frankreich von inzwischen 20% jedes Jahr 5% mehr Exporte generierte – einfach so. Einzige Voraussetzung: diesen relativen Preisabstand mit Zähnen und Klauen verteidigen. Die Arbeitgeberseite würde also mitnichten dieselbe Studie so interpretieren, dass es auf das Preis- und damit das Lohnniveau hierzulande nicht ankäme. Der DGB hätte also allen Grund, dieser Studie ungefähr das Gegenteil dessen zu entnehmen, was er aus ihr herausinterpretiert: nämlich den erbitterten Widerstand der Arbeitgeberseite, sich bei den Lohnprozenten auch nur einen Hauch oberhalb dessen zu bewegen, was über das Zusammenzählen von Produktivitätszuwachs und voraussichtlicher Preisentwicklung bei den Handelspartnern hinausgeht. Da sich zumindest im Rest der EWU-Länder, die immer noch einen erheblichen Anteil der deutschen Exporte aufnehmen, obendrein eher deflationäre Tendenzen breit machen, dürften die Arbeitgeber sogar argumentieren, dass sie bei den Löhnen weniger als den Produktivitätszuwachs zuzulegen bereit sind.

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