EU

Der Euroraum braucht eine expansive Fiskalpolitik – nicht erst seit der Flüchtlingskrise

| 04. November 2015

Die Flüchtlingskrise hat in Europa zu einer Diskussion über eine mögliche Lockerung des Stabilitätspaktes geführt. So befürchtet etwa EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, dass eine zu starre Auslegung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes die Bereitschaft einiger Länder, Flüchtlinge aufzunehmen, verringern könnte (Wirtschaftswoche, 16.10.2015), da sie Gefahr liefen, damit die Obergrenze für die jährlichen Haushaltsdefizite von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht einhalten zu können. Unterstützung für die Lockerung der Vorgaben erhielt Schulz außer von Teilen der SPD-Linken vor allem aus Österreich und Italien, während Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ebenso wie Bundesbankpräsident Jens Weidmann zunächst jede Aufweichung der Defizitkriterien strikt ablehnten. Schäuble zeigte sich jedoch später zumindest im Fall Österreichs dafür offen, die Flüchtlingskosten bei der Bewertung des Budgetdefizits zu berücksichtigen.

Die Diskussion, ob wegen der hohen Kosten für die Flüchtlinge Ausnahmen beim Stabilitätspakt zugelassen werden sollten oder nicht, mutet skurril an. Wir haben auf flassbeck-economics schon oft darauf hingewiesen, dass es die miserable wirtschaftliche Lage im Euroraum mit aktuell (September 2015) über 17 Millionen Arbeitslosen schon lange vor der Zuspitzung des Flüchtlingsdramas erfordert hätte, die staatlichen Budgetdefizite in den meisten Ländern deutlich über die im Maastricht-Vertrag festgelegte Grenze von drei Prozent des BIP hinaus zu erhöhen. Während aber vor allem in Deutschland die EU-Kommission aufgefordert wird, dem Druck standzuhalten und auf keinen Fall einer generellen Lockerung des Stabilitätspaktes zuzustimmen[1], ist die Diskussion auf internationaler Ebene (wie so oft) schon viel weiter.

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