Weltwirtschaft

Der Zins, die Schulden und die Geldpolitik – Teil III: Warum greift die Zinspolitik der EZB nicht?

| 18. Juni 2013

Im ersten Teil und im zweiten Teil dieser Serie wurde die Politik des billigen Geldes der Europäische Zentralbank (EZB) gegen die Kritik verteidigt, sie sei falsch und schädige die Sparer. Zugleich wurde ihre offensichtliche, aktuelle Wirkungslosigkeit konstatiert – den kleinen und mittelständischen Unternehmen in Südeuropa leihen die Banken trotzdem kein Geld zu entsprechend niedrigen Zinsen, und die Investitionstätigkeit in der Eurozone ist auf dem Rückzug. Ist dann meine Position nicht ein Widerspruch in sich? Wenn die Zinssenkung für die Konjunktur zumindest derzeit nichts bringt und die Sparer mit Niedrigstzinsen vorlieb nehmen müssen, dann hätte diese geldpolitische Maßnahme doch besser unterbleiben sollen, oder? Neben der ungünstigen Situation für Sparer heute wird von Kritikern der Geldpolitik betont, das billige Geld stelle eine Gefahr für die Geldwertstabilität von morgen oder übermorgen dar. Insbesondere heize es die Nachfrage nach langlebigen Konsumgütern, Edelmetallen und anderen Rohstoffen sowie Wohnungseigentum an und führe so zu Preissteigerungen auf den entsprechenden Märkten, die sich über kurz oder lang auch auf anderen Märkten bemerkbar machten. Z.B. mündeten stark steigende Immobilienpreise hierzulande irgendwann in stark steigende Mieten. Ziehen die Rohstoffpreise an, wirke sich das letzten Endes auch auf die Preise der Güter aus, zu deren Herstellung die Rohstoffe benötigt werden. Die Zeche zahle in jedem Fall der Verbraucher (und der Sparer), wenn schon nicht heute, dann doch ganz sicher in der Zukunft.

Diese Überlegungen klingen einleuchtend. Sind sie aber auch stichhaltig? Natürlich können sich extreme Preissteigerungen in einem Bereich irgendwann in anderen Bereichen auswirken. Das bedeutet aber noch nicht automatisch, dass auch die Inflationsrate steigt. Man muss zwischen dem absoluten Preisniveau und seiner Veränderungsrate, eben der Inflationsrate, unterscheiden. Legen etwa die Immobilienpreise in zwei Jahren hintereinander um 5% zu und verharren dann auf dem neu erreichten höheren Niveau (d.h. sinkt die Preissteigerungsrate des Immobiliensektors anschließend auf Null), wird sich dieses höhere Preisniveau vermutlich nach und nach in den Mieten niederschlagen. Aber wenn das Mietniveau die Preisniveausteigerung auf dem Immobilienmarkt "geschluckt" hat, besteht kein weiterer Preisdruck von Seiten der Grundstücks- und Hauspreise. Dann erfährt auch die gesamtwirtschaftliche Preissteigerungsrate keine neue Nahrung durch den Wohnungssektor, sondern sinkt unter sonst gleichen Umständen auf den Wert zurück, den sie vor der Immobilienpreissteigerung hatte.

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