EU

Die FAZ über die Schere zwischen Lohn und Produktivität oder: Was denkt Mario Draghi wirklich?

| 25. März 2013
istock.com/feedough

Die FAZ, das muss ich zugeben, ist schon meine Lieblingszeitung, obwohl ich nie die zwei Euro zehn habe, die sie kostet, und sie immer nur anschaue, wenn ich sie im Flugzeug kostenlos bekomme. Aber niemand ist bei so hohem intellektuellen Anspruch so ideologisch und versteht es vor allem im Wirtschaftsteil so geschickt, die Leser in die Irre zu führen, wie dieses Flaggschiff der deutschen Meinungsführer. Holger Steltzner ist der Anführer dieser Truppe, und letzte Woche hat er wieder besonders geschickt zugeschlagen. Aber das wäre kaum der Rede wert, wenn Steltzner nicht behauptete, die Graphiken, die in der FAZ gezeigt wurden, seien vom Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, den europäischen Staatsoberhäuptern letzte Woche auf ihrem EU-Gipfeltreffen so vorgelegt worden. Wenn das tatsächlich der Fall gewesen sein sollte, dann haben weder Frankreich noch die EZB begriffen, was Sache ist, oder sie wollen es nicht begreifen, weil sie Angst vor Deutschland haben. Beides wäre gleich fatal.

Die FAZ zeigt tatsächlich eine Lohnschere zwischen Überschuss- und Defizitländern, also Ländern mit Leistungsbilanzüberschüssen und solchen mit Defiziten in der Europäischen Währungsunion (EWU). Das ist relativ neu für die FAZ, weil sie bisher versucht hat, das Thema Löhne unter der Decke zu halten, denn es ging ja darum, die Krise als „Staatsschuldenkrise“ zu verkaufen. Jetzt, wo alle Welt über diesen Punkt, der mit der Wettbewerbsfähigkeit zusammenhängt, redet, den ich zusammen mit Friederike Spiecker seit vielen Jahren als den Kern des Europroblems identifiziert habe, kann das Blatt dieser Problematik nicht mehr ausweichen. Aber die Fakten werden so verdreht ausgelegt, dass man weiterhin behaupten kann, Deutschland habe alles richtig gemacht und die anderen seien die Sünder, die sich nun dringend am deutschen Vorbild zu orientieren hätten.

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