Die „Neue Soziale Marktwirtschaft“ und der Werkvertrag im Land der Spezialisten
„Deutschland ist das Land der Spezialisten“, schreibt die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) in einem Faltblatt, das vergangene Woche großen deutschen Zeitungen beilag und dessen Inhalt man auch auf der Homepage der INSM findet. INSM ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die mit dem Geld der Metall- und Elektroindustrie und mit Unterstützung einer Reihe ehemaliger und heutiger Politiker und Lobbyisten Lobbyarbeit gegen das Soziale in unserer Marktwirtschaft betreibt. (Wolfgang Clement z.B. ist der Vorsitzende des Kuratoriums, der Hans Tietmeyer, ehemals Präsident der Deutschen Bundesbank, in diesem Amt nachfolgte.) Auch eine nicht geringe Zahl von Ökonomieprofessoren wie Jürgen Donges, ehemals Vorsitzender des Sachverständigenrates, oder Thomas Straubhaar, ehemals Direktor des HWWI, lässt sich für diese Lobbyarbeit direkt einspannen (die Liste der "Kuratoren und Botschafter" der INSM findet sich hier).
Weil Deutschland das Land der Spezialisten ist, wirbt die INSM für Werkverträge. „Werkverträge sind gute Arbeit!“ lautet denn auch die Überschrift ihres Faltblattes. Warum wirbt die INSM derart massiv für Werkverträge? Die Antwort ist einfach: Weil immer mehr normale Arbeitsplätze in Arbeitsplätze umgewandelt werden, die von Werkvertragsnehmern ausgefüllt werden, obwohl deren Tätigkeit mit der ursprünglichen Intention des Werkvertrages, nämlich eine ganz bestimmte Aufgabe einmalig von einem Spezialisten ausführen zu lassen, nichts zu tun hat. Gibt man dem Arbeitnehmer einen Werkvertrag, spart man sich nicht nur die Sozialbeiträge, man kann ihn auch jederzeit wieder loswerden, weil man das Werk ja so definieren kann, dass es fast beliebig kurze Fristen sind, in denen man jemanden arbeiten lässt. Werkvertragsnehmer sind im Grunde überhaupt nicht an das Unternehmen gebunden, in dem sie arbeiten, weil sie formal ja Selbständige sind. Sie lassen sich folglich kaum gewerkschaftlich organisieren und können, weil sie vollkommen von ihren kurzlaufenden Verträgen abhängen, jederzeit als Drohpotential gegen die Stammbelegschaft eingesetzt werden.
[...]Nichts schreibt sich von allein!
MAKROSKOP analysiert wirtschaftspolitische Themen aus einer postkeynesianischen Perspektive und ist damit in Deutschland einzigartig. MAKROSKOP steht für das große Ganze. Wir haben einen Blick auf Geld, Wirtschaft und Politik, den Sie so woanders nicht finden.
Dabei leben wir von unseren Autoren, ihren Recherchen, ihrem Wissen und ihrem Enthusiasmus. Gemeinsam scheren wir aus den schmaler werdenden Leitplanken des Denkens aus.
Wir verlassen die journalistische Filterblase, in der sich viele eingerichtet haben. Wir öffnen Fenster und bringen frische Luft in die engen und verstaubten Debattenräume.
Brauchen Sie auch frische Luft? Dann folgen Sie einfach dem Button.
ABONNIEREN SIE MAKROSKOP