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Die USA, der deutsche Merkantilismus und die Koalitionsverhandlungen

| 01. November 2013

Die Empörung des Spiegel-Journalisten schwingt in jedem Wort mit: Wie kann die US-Regierung es wagen, Deutschland offen zu kritisieren? Wo wir es doch sind, die die USA  zu kritisieren haben wegen der NSA-Affäre und vielem anderen? Ja, die USA haben es gewagt, Deutschland wegen seiner Leistungsbilanzüberschüsse offen und hart zu kritisieren. In seinem „currency report“, den das US-Finanzministerium zwei Mal im Jahr erstellt, wird Deutschland mehr noch als China auf die Anklagebank gesetzt, weil es der größte Störenfried im internationalen Handel sei, was nichts anderes heißt, dass Deutschland ein Land ist, das nicht begriffen hat und auch nicht begreifen will, dass internationaler Handel nie eine Einbahnstraße sein kann.

Der Report sagt ganz klar, was die USA seit Jahren in den G 20 sagen, nämlich dass die deutschen Überschüsse für die Handelspartner inakzeptabel sind, weil Handel nicht so funktionieren kann, dass der eine sich absolute Vorteile verschafft und die Handelspartner nur als Absatzmarkt für seine Produkte und als Lösung für sein eigenes Nachfrageproblem betrachtet. Sie sagen, dass es nicht sein kann, dass ein Land immer positive Wachstumsbeiträge vom Außenhandel verbucht und die anderen immer negative. Und sie sagen, dass nicht ein Land eine riesige Forderungsposition gegenüber dem Rest der Welt aufbauen darf und deshalb die anderen für immer Schuldner sein müssen. Alles das sind vernünftige Standpunkte, die jeder, der keinen merkelantistischen oder merkantilistischen Bias im Kopf hat, teilen muss. Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium sagt laut REUTERS dazu: „Wahr ist, dass wir auf europäischer und auf globaler Ebene darauf drängen, dass diejenigen Staaten, die Ungleichgewichte beklagen, durch ein Mehr an Wettbewerbsfähigkeit einen Beitrag dazu leisten, dass die Euro-Zone insgesamt wettbewerbsfähiger ist und die weltwirtschaftliche Entwicklung insgesamt positiver läuft.“ Das ist der klare Beweis dafür, dass im Bundesfinanzministerium fest an die Segnungen des Merkantilismus geglaubt wird und – bar jeder Logik – davon ausgegangen wird, jedes Land auf dieser Welt könne ihm frönen: Alle müssen Überschüsse in der Leistungsbilanz haben, dann geht es der Welt richtig gut.

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