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Eine schlimme Schweizer Entscheidung – doch es ist falsch, die Menschen zu verurteilen, schuld ist die Politik

| 11. Februar 2014

Wieder einmal ist es den Rechtspopulisten unter der geistigen Führung von Christoph Blocher in der Schweiz gelungen, gegen das gesamte Establishment eine Volksentscheidung herbeizuführen, die noch lange von sich Reden machen wird. Die vielbeschworene „Masseneinwanderung“ soll begrenzt werden, aber auch die Zahl der Grenzgänger, also derjenigen, die in der Schweiz arbeiten, aber außerhalb wohnen. Versucht die Schweiz, diesen Entscheid umzusetzen, muss sie allerdings Neuverhandlungen in wichtigen Gebieten mit der EU führen. Denn der sogenannte bilaterale Weg (also bilaterale Abkommen der Schweiz mit der EU statt einer Integration der Schweiz in die EU) hat immer die Personenfreizügigkeit mit den EU-Ländern vorausgesetzt. Außerdem kann die EU diesem Schweizer Entscheid eigene Einschränkungen entgegensetzen, die der Schweizer Wirtschaft, die sich entschieden gegen diese Initiative gewendet hatte, sehr weh tun werden.

Die Entscheidung war sehr knapp. Bei einer (für eine solche Abstimmung hohen) Wahlbeteiligung von 56 Prozent haben etwas mehr als ein Viertel aller Schweizer dafür gestimmt, den Einzug von Ausländern zu kontingentieren, um die „Überfremdung“ der Schweiz und eine zu große Verdichtung (also eine insgesamt zu große Bevölkerungszahl) zu verhindern. Erstaunlich ist zunächst, dass die Regionen, in denen die meisten Ausländer leben (also vor allem der französischsprachige Teil), und diejenigen, die am dichtesten besiedelt sind (Genf, Zürich und Basel/Stadt), dagegen gestimmt haben, während sich die eher ländlichen Gebiete in der Deutschschweiz und im Tessin dafür ausgesprochen haben. Tatsächlich hat das Argument „Dichtestress“ in der Argumentation der Befürworter eine große Rolle gespielt, was mir aber angesichts der tatsächlich geringen Dichte im Vergleich zu anderen Ländern und deren Großkonglomerationen (wie Paris oder London, nicht zu reden von asiatischen Großstädten) eher ein vorgeschobenes Argument zu sein scheint.

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