EU

Eurokrise, reale Konvergenz und die geschickten Versuche des Mainstream, von der Rolle Deutschlands abzulenken

| 22. April 2014

Bei der Konferenz in Washington vor zwei Wochen, auf der ich gesprochen habe, war mein Vorredner der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Peter Praet, der dem zumeist amerikanischen Publikum zu erklären versuchte, was in der Eurozone von Beginn an schief gelaufen sei. Er präsentierte eine wild zusammengestückelte Geschichte mit dem Tenor, es habe an realer Konvergenz der Mitgliedsländer gefehlt und daraus hätten sich die Ungleichgewichte ergeben. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine Zusammenstellung der Zeitschrift „The International Economy“, die 25 international bekannte Ökonomen gefragt hat, was in der Eurozone besser gemacht werden müsste, wenn man die Chance hätte, noch einmal von vorne anzufangen. Dort äußern sich u.a. Hans-Werner Sinn, Jürgen Stark, Otmar Issing und Jörg Asmussen zur Titelfrage. Ich selbst wurde auch gefragt. Meine dort im Heft „Winter 2014“ veröffentlichte Position findet sich am Ende dieses Beitrags in Englisch.

Die fehlende reale Konvergenz der Mitgliedsstaaten ist laut Peter Praet darauf zurückzuführen, dass – wie im neoklassischen Modell vorgesehen – zu Beginn der Europäischen Währungsunion (EWU) Kapital von Ländern mit bereits hoher Grenzproduktivität des Kapitals in Länder mit noch geringer Grenzproduktivität wie etwa Spanien geflossen sei, um dort höhere Erträge zu erzielen. Das sei aber nicht gelungen, die Produktivität sei in diesen Ländern nicht ausreichend gestiegen. Der Grund dafür: Das Kapital sei vorwiegend in den Sektor der nicht-handelbaren Güter geflossen (also vor allem die Bauwirtschaft), wo keine Produktivitätssteigerung zu erzielen war, die einen Renditevorsprung erlaubt hätte. Weil aber die Löhne in diesen Ländern wegen des Baubooms gestiegen seien, hätten diese Länder an Wettbewerbsfähigkeit verloren, was sich in den europäischen Ungleichgewichten spiegele.

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