Europa nach der historischen Wahl: Das Verfahren ist alles, der Inhalt der Politik ist nichts
Man musste es ja erwarten, aber wenn man sieht, mit welcher Verve sich die Regierungs-Politiker jeder Couleur und alle europäischen Institutionen nach der Wahl auf die unwichtigste aller Fragen stürzen, nämlich welche Person Kommissionspräsident wird, steigt doch das kalte Entsetzen in einem hoch.
Nachdem schon vor den Wahlen diese Frage statt sachlicher Auseinandersetzung um den richtigen Weg aus der Krise im Mittelpunkt stand, gibt es nun überhaupt kein anderes Thema mehr. Die SZ schaffte es, am Dienstag nach dieser historischen Wahl und dieser historischen Niederlage für Europa die ersten drei Seiten fast vollständig den Europawahlen zu widmen (plus zwei Leitartikel und noch einmal drei volle Seiten weiter hinten), ohne auch nur einmal die Frage zu stellen, ob der Ausgang der Wahl vielleicht das Ergebnis falscher Politik und eine falschen Einschätzung von Seiten der bisher Regierenden (wobei man die beiden Spitzenkandidaten, die hohe Ämter bekleidet hatten, selbstverständlich einschließen muss) war, weil man glaubte, man könne den Menschen zur sogenannten Krisenbekämpfung in vielen Ländern nahezu beliebig „Anpassungen“ und „Reformen“ auferlegen, ohne dafür jemals eine politische Rechnung zu kassieren.
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