Europäische und deutsche Konjunktur im Rückwärtsgang (Teil 1)
Manchmal werden wir gefragt, warum wir die konjunkturelle Entwicklung so ernst nehmen. Das seien doch nur kurzfristige Schwankungen, die mittel- bis langfristig kaum eine Bedeutung hätten. Das ist nicht richtig, denn diese kurzfristigen Zuckungen entscheiden am Ende darüber, was mittel- und langfristig passiert. Wir haben ja in den letzten Jahren gesehen, dass die Unfähigkeit und Unwilligkeit der Wirtschaftspolitik, auf die Schwäche der Konjunktur angemessen zu reagieren, und ihre Bereitschaft, sogar das konjunkturell vollkommen Verkehrte zu tun, auch mittelfristig gewaltige Schäden erzeugt. Große Schäden werden auch dadurch angerichtet, dass fast alle professionellen Prognostiker versuchen, den Mainstream zu verteidigen und deswegen bei ihren Prognosen einen vollkommen ungerechtfertigten Optimismus an den Tag legen. Insbesondere die Unsitte, Prognosen für zwei Jahre vorzulegen, führt dazu, dass es „am Ende“ immer nach oben geht. Das aber gibt dann der Politik eine perfekte Ausrede für's Nichtstun. Wenn alle Prognostiker der Meinung sind, es ginge bald wieder ohne Eingriffe der Politik nach oben, warum sollte die Politik dann jetzt aktiv werden?
Es ist angesichts dessen keine Übertreibung zu sagen, dass nur derjenige, der diese kurzfristige Entwicklung ernst nimmt und zu verstehen versucht, auch die längerfristige Entwicklung begreifen und erklären kann. Viele rein akademisch arbeitende Ökonomen haben gerade deswegen keinen Zugang zur realen wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes oder einer Region, weil sie die konjunkturelle Entwicklung gar nicht verfolgen. Gerade diejenigen, die wie wir die Wirtschaft für ein zeitlich offenes und nicht in irgendeiner Weise vorbestimmtes System halten, also nicht daran glauben, dass es irgendwelche Gleichgewichte gibt, zu denen hin die Entwicklung tendiert, müssen die kurzfristigen Tendenzen genau beobachten und analysieren, weil sich hier und nirgendwo sonst entscheidet, was mittel- bis langfristig geschieht. Wir haben vor der Sommerpause in unseren Szenarien gezeigt, wie Vorhersagen aussehen könnten, die nicht vom Gleichgewichtsdenken der herrschenden Lehre geprägt sind.
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