EU

Frankreich reformiert sich, es verlängert seine superlangen Ladenöffnungszeiten

| 12. Dezember 2014

Bei manchen Meldungen, die einen erreichen, fragt man sich, ob schon wieder Karneval sein kann oder gar der 1. April. So liest man (hier zum Beispiel), dass Frankreich ein „Reformpaket“ auf den Weg bringen will, dessen wichtigster Punkt es offenbar ist, dass auch am Sonntag häufiger gearbeitet werden darf und auch die Läden Sonntags öffnen dürfen. Nun muss man wissen, dass die Läden in Frankreich in der Regel jeden Tag einschließlich Samstag von 9 Uhr morgens bis 9 Uhr abends geöffnet sind und einige auch Sonntags noch für zwei drei Stunden am Vormittag. Dazu gibt es offene Märkte, die in vielen Städten von 8 bis 13 Uhr am Sonntag stattfinden.

Wahrscheinlich hat man inzwischen in Paris die Liste der „Reformen“, die Deutschland Anfang der 2000er Jahre durchgeführt hat, genau durchforstet und ist auf die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten gestoßen. Hallo, hat man sich gesagt, Brüssel verlangt von uns Reformen wie in Deutschland, also suchen wir uns welche, die wir den Franzosen zumuten können. Wenn man ihnen die Möglichkeit gibt, ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Einkaufen, länger nachzugehen, wird es keinen großen Widerstand im Volk geben und den Deutschen kann man sagen, schaut, wir tun exakt das, was ihr dereinst getan habt. Zudem ist das ein kleiner Schritt in Richtung Arbeitszeitverlängerung, womit die sozialistische Regierung beweist, dass sie sich sogar an das heiligste aller sozialistischen Dogmen herantraut. Die Tatsache, dass Martine Aubry (das ist die frühere Vorsitzende der Sozialistischen Partei, deren wichtigstes Anliegen die 35 Stunden Woche war) schon heftigsten Widerstand angekündigt hat, ist sozusagen der Ritterschlag für den neuen Wirtschaftsminister. In Berlin wird man ihm diesen mutigen Kampf gegen die vielköpfige Hydra des Sozialismus sicher mit großem Wohlwollen danken.

[...]

Nichts schreibt sich von allein!

Nur für Abonnenten

MAKROSKOP analysiert wirtschaftspolitische Themen aus einer postkeynesianischen Perspektive und ist damit in Deutschland einzigartig. MAKROSKOP steht für das große Ganze. Wir haben einen Blick auf Geld, Wirtschaft und Politik, den Sie so woanders nicht finden.

Dabei leben wir von unseren Autoren, ihren Recherchen, ihrem Wissen und ihrem Enthusiasmus. Gemeinsam scheren wir aus den schmaler werdenden Leitplanken des Denkens aus.

Wir verlassen die journalistische Filterblase, in der sich viele eingerichtet haben. Wir öffnen Fenster und bringen frische Luft in die engen und verstaubten Debattenräume.

Brauchen Sie auch frische Luft? Dann folgen Sie einfach dem Button.

ABONNIEREN SIE MAKROSKOP
Schon Abonnent? Dann hier einloggen!