Arbeit

Gewerkschaftsvertreter: "Wettbewerbsfähigkeit beruht nicht auf Lohndumping"

| 06. November 2013

Auf der Veranstaltung „Nach der Bundestagswahl 2013: Was muss Deutschland in Europa jetzt anders machen?“ hat der neu in den DGB-Bundesvorstand gewählte Reiner Hoffmann, Landesbezirksleiter der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie Nordrhein, wie uns ein Leser berichtet, die Behauptung aufgestellt, Deutschland habe nicht durch Lohnzurückhaltung Marktanteile gegenüber der ausländischen Konkurrenz gewonnen. Im Exportsektor seien die Lohnabschlüsse der goldenen Lohnregel (Steigerung um den Produktivitätszuwachs plus Inflationsausgleich) gefolgt. Zwar habe in anderen Wirtschaftszweigen in Deutschland Lohnzurückhaltung geherrscht, was die Binnennachfrage geschwächt habe. Doch seien die Lohnstückkosten im Exportbereich sozusagen auf Linie. Somit könne nicht davon die Rede sein, Deutschland habe seine internationale Wettbewerbsfähigkeit durch Lohnzurückhaltung verbessert. Der Leser fragt nun, ob der Gewerkschaftsvertreter mit dieser Argumentation recht habe (und das flassbeck-economics-Team entsprechend nicht) und man zwischen dem Exportsektor und dem Rest der Wirtschaft eines Landes stärker unterscheiden müsse. Hier meine Antwort:

Die Unterscheidung nach Branchen, die im internationalen Wettbewerb stehen, und solchen, die vor allem auf die inländische Nachfrage angewiesen sind, ist bei der Diskussion um deutsches Lohndumping nicht neu. Sie wird immer wieder gebracht, und zwar interessanterweise nicht nur von Seiten der Arbeitgeber, sondern wie im vorliegenden Fall auch von Gewerkschaftern. Das ist erstaunlich, schwächt diese Argumentation doch die Position derjenigen Arbeitnehmer, auf deren Rücken die Lohnzurückhaltung hauptsächlich ausgetragen wird. Denn wenn das Lohndumping ein rein innerdeutsches Problem wäre und nichts mit den deutschen Handelsüberschüssen zu tun hätte, dann fiele z.B. der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ein wesentlicher Baustein bei der Begründung ihrer Lohnforderungen weg. Viel wichtiger aber noch: Wenn das Argument stimmte, dann könnten die deutschen Tarifparteien jede Verantwortung für die Eurokrise klar von sich weisen. Vielen Dank also an dieser Stelle für die Frage.

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