EU

Griechenland: Ex-Post Evaluation durch den IWF oder wie man an seinen eigenen Vorurteilen scheitert

| 11. Juni 2013

Wer Zeit hat und leicht Englisch liest, sollte sich zumindest die erste Hälfte des 50seitigen kritischen Berichts des IWF über die „Griechenland-Rettung“ ansehen, der in den deutschen Medien breit zitiert wird. Der IWF beschreibt darin sehr klar und sehr offen, was aus seiner Sicht schief gelaufen ist, und hebt sich dadurch wohltuend von den immer extrem politisch eingefärbten „Analysen“ der Europäischen Kommission ab. Wolfgang Münchau hat dazu einige richtige Anmerkungen in der Financial Times gemacht. Allerdings muss man sehen, und das sieht Münchau nicht, dass auch der IWF nicht in der Lage ist, über seinen Schatten, nämlich seine neoklassische Ausgangsbasis, zu springen. Deswegen ist der Bericht zwar erfrischend, aber keineswegs befriedigend, ja, er zeigt in weiten Teilen, auf welch absurdem wirtschaftlichen Modell die ganze „Rettungsaktion“ beruht und warum sie schief gehen musste.

Zunächst legt der Bericht offen, dass die Vorhersagen der Troika für die Perioden innerhalb der Anpassungsprogramme ganz grundsätzlich falsch waren. Auch hier findet man wieder sehr schöne Kammmuster, also Prognosen, die von einem weiter in der Vergangenheit liegenden Prognosezeitpunkt bis heute immer weiter nach unten korrigiert werden (vgl. die Abbildung "Real GDP" auf Seite 13 des Berichts). Schon aus diesem Grund hätte den Autoren klar werden können, dass etwas in der gesamten Betrachtungsweise vollkommen schief ist: Wenn man so systematisch danebenliegt, muss man nach diesem systematischen Vorhersagefehler suchen. Aber außer der quantitativen Unterschätzung der Multiplikatoren, die wir hier kommentiert haben, fällt ihnen zu diesem Thema nichts ein. Dass die Unterschätzung der Multiplikatoren systematisch von anderen Faktoren herrühren kann, die zugleich in restriktiver Richtung wirken, kommt Mitarbeitern des IWF nicht in den Sinn. Denn in ihrer Gedankenwelt wirkt ja alles, was sie einem Land verordnen, langfristig positiv auf das Wachstum und kann eine optimistische Prognose daher nicht verfälschen.

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