EU

Griechenland war auf gutem Weg? – Der Bundesfinanzminister verweigert sich der Realität und Griechenland steht am Scheideweg

| 18. Februar 2015

In einem Interview im Deutschlandfunk hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kurz vor den Verhandlungen der europäischen Finanzminister mit Griechenland am vergangenen Montag seine Sicht der Dinge dargelegt. Es ist ein bemerkenswertes Interview, weil darin klar zu Tage tritt, dass Wolfgang Schäubles Wahrnehmung der griechischen Realität vollkommen verzerrt ist. „ ... Griechenland [fährt] einen Weg ..., der allmählich dazu führt, dass Griechenland auch wieder eine wettbewerbsfähige Wirtschaft hat. Das war auch auf gutem Weg...“, sagt der Minister. Und etwas später: „ ... es geht darum, dass man auf dem Weg, der in den letzten Jahren ... dazu geführt hat, dass die Arbeitslosigkeit in Griechenland zurückgeht, dass sie wieder erfolgreich wirtschaften ... , dass sie dabei waren, in die richtige Richtung sich zu bewegen. Wenn dieser Weg fortgesetzt wird, dann werden sie Erfolg haben...“ Nach den ergebnislosen Verhandlungen am Montag setzte der Minister noch eins oben drauf, indem er laut Spiegel Online formulierte: "Niemand der Kollegen hat bisher verstanden, was Griechenland am Ende wirklich will ... Die entscheidende Frage ist und bleibt, dass Griechenland sich entscheiden muss, will es eigentlich dieses Programm oder will es das nicht.

Wenn es so wäre, dass Griechenland bereits auf einem guten Weg war, dass wieder erfolgreich gewirtschaftet wurde und die Arbeitslosigkeit tatsächlich (und nicht nur statistisch) zurückgegangen ist, dass es vielen Menschen in Griechenland bereits wieder besser ginge als unmittelbar nach dem Absturz der Wirtschaft im Zuge der Finanzkrise 2008/2009, dann könnte man irgendwie nachvollziehen, warum Wolfgang Schäuble so sehr darauf pocht, dass entweder das Hilfsprogramm für Griechenland mit allen seinen Auflagen fortgesetzt oder es ganz eingestellt wird, jedoch nach keiner anderen Lösung gesucht wird. Die Realität in Griechenland sieht aber anders aus, als Wolfgang Schäuble sie beschreibt. Und der Einfluss, den die Hilfsprogramme mit ihren Sparauflagen auf diese Realität in den letzten viereinhalb Jahren genommen haben, ist beinahe das Gegenteil von dem, was der deutsche Finanzminister ihnen andichtet. Das kann man auch belegen und wir wollen das hier noch einmal tun, um dafür zu werben, Griechenland einen anderen Weg als den bisherigen zu eröffnen, nämlich einen, der die Bezeichnung „gut“ wirklich verdient hat.

[...]

Nichts schreibt sich von allein!

Nur für Abonnenten

MAKROSKOP analysiert wirtschaftspolitische Themen aus einer postkeynesianischen Perspektive und ist damit in Deutschland einzigartig. MAKROSKOP steht für das große Ganze. Wir haben einen Blick auf Geld, Wirtschaft und Politik, den Sie so woanders nicht finden.

Dabei leben wir von unseren Autoren, ihren Recherchen, ihrem Wissen und ihrem Enthusiasmus. Gemeinsam scheren wir aus den schmaler werdenden Leitplanken des Denkens aus.

Wir verlassen die journalistische Filterblase, in der sich viele eingerichtet haben. Wir öffnen Fenster und bringen frische Luft in die engen und verstaubten Debattenräume.

Brauchen Sie auch frische Luft? Dann folgen Sie einfach dem Button.

ABONNIEREN SIE MAKROSKOP
Schon Abonnent? Dann hier einloggen!