EU

Griechische Löhne und polnische Produktivität – ein Faktencheck

| 26. März 2015

Ein Leser weist uns darauf hin (danke dafür!), dass Professor Hans-Werner Sinn in der Sendung „Hart, aber fair“ am 16. 3. 2015 gesagt hat, die griechischen Löhne seien doppelt so hoch wie die polnischen, Griechenland müsse folglich eine doppelt so hohe Produktivität haben wie Polen, die griechische Produktivität sei "in Wirklichkeit aber nur ein Bruchteil davon“ (ab Stunde 1:02 für etwa drei bis vier Minuten; auf YouTube kann man es unter diesem Link aufrufen).

Das ist eine mehr als erstaunliche Aussage, einerseits in Hinblick auf die Fakten, andererseits in Hinblick auf das Verständnis der Funktionsweise einer Währungsunion. In einer Währungsunion reicht es nämlich schon, wenn ein Land Jahr für Jahr nur ein klein wenig über seine Verhältnisse lebt, um sich allmählich in eine unhaltbare Situation zu manövrieren. Das gilt umso mehr, wenn es in der gleichen Währungsunion ein anderes (womöglich großes) Land gibt, das weit unter seinen Verhältnissen lebt. Denn dann entwickelt sich die Wettbewerbsfähigkeit beider Mitgliedsländer auf Dauer eklatant auseinander, ohne dass der Wechselkurs der gemeinsamen Währung darauf adäquat reagieren kann: Für das eine Land, das unter seinen Verhältnissen lebt, müsste die Währung aufwerten, für das andere dagegen abwerten. Man braucht also gar keinen Vergleich zwischen zwei Ländern anzustellen, bei dem die Löhne in dem einen Land doppelt so hoch sind wie in dem anderen und die Produktivität im Gegensatz dazu nur einen Bruchteil beträgt. Um ein Problem zu konstatieren, wäre schon eine wesentlich geringere Diskrepanz ausreichend (wie sie etwa zwischen Deutschland und Frankreich besteht).

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