EU

In Gefahr und größter Not ... – Eine Konferenz in Oxford und die europäische Misere

| 06. Oktober 2014

Jörg Bibow und ich haben am Wochenende eine Konferenz in Oxford besucht, bei der es wieder einmal um die europäische Misere ging und die Frage, wie man ihr entkommen kann. In England ist zwar Kritik an der deutschen Starrköpfigkeit in Sachen Konjunkturanregung generell verbreitet. Interessant und deprimierend zugleich war aber, dass daneben jetzt mehr und mehr die Position an Boden gewinnt, man müsse nur auf strikten „Strukturreformen“ (was immer das sein mag) beharren, dann würden auch die Deutschen früher oder später die Konjunkturanregung über höhere öffentliche Defizite schlucken.

Das ist eine sehr problematische Position, weil, wie man sich leicht überlegen kann, am Ende nur die „Strukturreformen“ übrig bleiben werden. Was Deutschland bisher von den anderen, vor allem von Frankreich, verlangt, ist ja nicht ein konstantes öffentliches Defizit, sondern ein rückläufiges. Das heißt, man erwartet und fordert genau das Gegenteil von konjunktureller Anregung, nämlich weitere Restriktion (wenngleich das Wort „Austerität“ aus dem Sprachgebrauch der Bundesregierung verschwunden ist; das ist allen inzwischen doch wohl zu peinlich). Wenn man nun von Seiten der EU Deutschland einen Deal anbietet nach dem Motto, tausche „Strukturreformen“ gegen deutsches Nachgeben bei den öffentlichen Defiziten, wird das im besten Fall darauf hinauslaufen, dass Deutschland Stillstand bei den öffentlichen Defiziten akzeptiert. Es würde also von Frankreich nicht fordern, das Defizit ganz schnell von über vier Prozent auf drei herunterzufahren, sondern dafür mehr Zeit einräumen. Das aber hieße höchstens, dass konjunkturell von Seiten des Staatshaushalts nicht mehr Negatives als bisher schon geplant geschieht, sicherlich aber erheblich mehr Negatives von Seiten der „Strukturreformen“.

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