Debatte zum Karlsruher Urteil

Kognitive Dissonanz in der Eurozone

| 09. Juni 2020
istock.com/Misledum

Die Realität des permanenten Ausnahmezustands wird von einer Debatte über Gesetzestreue verdrängt. Wer über die paradoxe Konstruktion des Euro nicht sprechen will, scheut jede Debatte über den geldpolitischen Notstand.

Die Coronakrise liegt noch nicht recht hinter uns, da erklärt Paul Steinhardt, die Gefahr des Zusammenbruchs des Eurosystems nach 2012 und darüber hinaus rechtfertige keinesfalls die Verletzung des gesetzlichen (vertraglichen) Verbots der Staatsfinanzierung durch die EZB und ihr vom Bundesverfassungsgericht inkriminiertes Ankaufprogramm für Staatsanleihen der Eurostaaten. Für das Handeln staatlicher Institutionen nach dem Grundsatz „Not kennt kein Gebot“ sei in der Demokratie kein Platz.

Die Aussage ist – nicht erst seit Corona – fragwürdig. Denn selbstverständlich kennt jedes demokratische Rechtssystem die Figur des rechtfertigenden Notstands, mit der der demokratische Gesetzgeber anerkennt, dass es außergewöhnliche Situationen gibt, in denen dem Normadressaten gesetzeskonformes Handeln nicht mehr abverlangt werden kann.

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