Theorie

Kritiker in der Kritik – SPON und Niall Fergueson über Keynes

| 06. Mai 2013
istockphoto.com/peterschreiber.media

Wenn man sachlich nicht mehr weiter kommt, argumentiert man „ad hominem“, also gegen die Person dessen, der die überlegenen Argumente hat. Das ist eine Taktik, die mindestens so dumm wie alt ist. Niall Fergueson, der sich Historiker in Harvard nennt, aber gerne in großer Naivität über Ökonomie schreibt, hat genau das getan. Er meinte, wie viele seiner Art schon vorher, John Maynard Keynes persönlich angreifen zu müssen. Ich will den Blödsinn hier bewusst nicht wiederholen. Fergueson schreibt aber jetzt in seinem Blog, seine Äußerungen seien spontan gewesen, und er entschuldigt sich dafür. Sie hätten sich auf Keynes' bekanntestes Zitat bezogen: "In the long run we are all dead." Zu Deutsch: "Auf lange Sicht sind wir alle tot."

Dazu aber, und das ist das eigentlich Interessante an der Meldung von Spiegel-Online (SPON), sagt nun SPON, „mit [dieser Äußerung] hatte sich der britische Wirtschaftswissenschaftler Anfang der zwanziger Jahre gegen die Langfristbetrachtung vieler seiner Kollegen gewandt. Keynes wollte Lösungen bieten, die sofort helfen“. Und da haben wir es. SPON, das sich ja in den meisten seiner Äußerungen dem Mainstream verpflichtet fühlt, hat das Entscheidende gerade wieder nicht verstanden. Keynes’ Äußerung hat nämlich nichts mit einer Kritik an Langfristbetrachtungen zu tun, sondern nur damit, dass die Mainstream-Ökonomen reine Gleichgewichtsbetrachtungen anstellen, diese aber als „lange Sicht“ verkaufen. Gleichgewicht hat aber aufgrund seiner Konstruktion nichts, absolut nichts mit Abläufen in der Zeit zu tun. Deswegen wollte Keynes Lösungen, die überhaupt helfen (unabhängig von der Geschwindigkeit, in der sie greifen) und nicht nur dazu da sind, ein konstruiertes Gleichgewichtsmodell nach einem Schock wieder zurück in ein Gleichgewicht zu bringen.

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