EU

Lettland, Löhne und die Krise

| 17. Mai 2013

Vor ein paar Wochen haben wir schon kursorisch über einige Länder berichtet, die unter besonderen Umständen in die Eurozone gekommen sind oder sich um eine Aufnahme bewerben: Slowenien ist seit 2008 Mitglied und steckt derzeit in großen Schwierigkeiten. Estland, das den Euro 2011 einführte, hat die Anpassung innerhalb der EWU scheinbar geschafft und gilt vielen als Musterland in Sachen Anpassung und Flexibilität. Lettland hat seinen festen Wechselkurs zum Euro trotz widriger Umstände verteidigt und verdient daher die Aufnahme in die Europäische Währungsunion EWU, so die herrschende Meinung allen voran in der EU-Kommission. Dass die Kommission in Zeiten, in denen die EWU vor einer Zerreißprobe steht, über jeden Kandidaten froh ist, der durch sein Aufnahmebegehren die Attraktivität dieser Währungsunion zu belegen scheint, ist nur allzu verständlich. Und auch, dass man sich durch die zur Schau gestellte neoliberale Haltung des Kandidaten in seiner eigenen Sicht der Dinge bestätigt fühlt und gerade darum dessen Beitrittswunsch wohlwollend in Erwägung zieht, verwundert nicht. Dass die Kommission aber genau die Entwicklung, die Südeuropa im ersten Jahrzehnt der EWU genommen hat und die heute rückblickend scharf kritisiert wird, geflissentlich übersieht, obwohl sie in Lettland wie in den beiden anderen baltischen Staaten weitgehend parallel, ja sogar noch potenziert auftritt, und dass sie entsprechend keine Warnsignale setzt, das zeugt von ideologischer Verblendung.

Die drei baltischen Staaten werden immer wieder als bewunderungswürdig in Sachen Solidität des Staates und Flexibilität der Arbeitsmärkte dargestellt. Hintergrund ist, dass die Regierungen aller drei Staaten strikte Verfechter einer neoliberalen Wirtschaftspolitik sind und sich immer wieder innerhalb der EU für radikal marktliberale Reformen stark machen. Die Präsidentin Litauens etwa, die gerade den Karlspreis der Stadt Aachen verliehen bekommen hat, hat sich in ihrer Preisrede genau wieder dahingehend geäußert. Dass sie gleichzeitig öffentlich sagte, dass ein Viertel des litauischen Staatshaushalts aus Brüssel kommt, wird in der hiesigen Presse nur als Petitesse behandelt.

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