Aufgelesen

Lob der Nation

| 04. Juni 2018
istock.com/Rawpixel

Umgesetzt wird derzeit eine Politik der indirekten Begrenzung der Einwanderung, die rhetorisch und praktisch jedoch an weitgehender Offenheit festhält. Ob das ausreichen wird, um mit dem Thema Migration sachgerecht umzugehen, ist fraglich.

Das von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebene Eurobarometer verweist seit 2015 darauf, dass das Themenfeld Migration von einem erheblichen Teil der europäischen Öffentlichkeit als größte Herausforderung der Politik auf europäischer Ebene wahrgenommen wird. Zugleich belegen Umfragen, dass in einer Vielzahl von Mitgliedsstaaten Migration auch auf nationaler Ebene als vordringlichstes politisches Problem betrachtet wird. Besonders deutlich ausgeprägt ist diese Wahrnehmung in Deutschland. Hier zeigen aktuelle Untersuchungen, dass das Thema Zuwanderung für eine Mehrheit der Bundesbürger nach wie vor auf der politischen Tagesordnung ganz oben steht. Angesichts dieser Relevanz des Themas überrascht es nicht, dass die Auseinandersetzung um Migration in den vergangenen Jahren zu einer starken gesellschaftlichen Polarisierung geführt hat – nicht so sehr zwischen den etablierten Parteien, sondern eher zwischen der Politik und Teilen der Gesellschaft.

Diese gesellschaftliche Polarisierung, die im Jahr 2015 ihren vorläufigen Höhepunkt erfuhr, besteht nach wie vor. Allerdings haben sich die Positionierungen der Parteien und auch die Politik der Bundesregierung sehr wohl verändert – man denke an das EU-Türkei-Abkommen und die versuchte Ausweitung des Geltungsbereichs sicherer Drittstaaten. In den Parteien ist derzeit, zwei, drei Jahre nach den Ereignissen vom Spätsommer 2015, ein politischer Konsens der Mitte im Entstehen, der rhetorisch zumindest eine größere »Steuerung« der Migration als für den Staat erstrebenswert erachtet – wie ein Blick auf aktuelle programmatische Äußerungen belegt. So fordern etwa die Sozialdemokraten ein Einwanderungsgesetz, mit dem man den »Zuzug qualifizierter Arbeitskräfte nach Deutschland besser steuern könne«. Bezogen auf Flüchtlingspolitik sprechen auch die Grünen von »einer Daueraufgabe«, die »wir steuern und gestalten müssen«. Ähnlich die CDU mit ihrem Versprechen, »die Migration besser steuern und vor allem abgelehnte Asylbewerber zügig zurückführen« zu wollen, was wiederum an den Ansatz der FDP erinnert, »die Asyl-, Flüchtlings- und Einwanderungspolitik neu zu ordnen«. Und die Partei Die Linke zeigt sich zunehmend gespalten zwischen einem No-Border-Flügel und einer Strömung, die eine stärkere Beschränkung der Migration fordert. Doch auch sie plädiert für einen neuen »Rahmen für Einwanderung in die EU«.

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