Kommentar

Menetekel aus Karlsruhe

| 17. Oktober 2016

In einer dramatischen Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht den vorzeitigen Ausverkauf gesetzgeberischer Zuständigkeiten und des Parlamentsvorbehalts durch die Bundesregierung verhindert. Der aktionistische Neoliberalismus der Bundesregierung und insbesondere des Bundeswirtschaftsministers erfährt erstmals einen wichtigen Dämpfer.

In aller Öffentlichkeit und doch nahezu unbemerkt sind das Bundesverfassungsgericht und die Bundesregierung in Sachen Demokratieverständnis heftig aneinandergeraten. Wie das Gericht in seinem Beschluss vom 13. Oktober bestätigt, handelt es sich entgegen der regierungsoffiziellen Lesart bei CETA um sehr viel  mehr als um ein Zollabkommen zur Erleichterung des Handels. CETA enthält – wie die Kritiker immer schon argumentierten – zahlreiche Regelungen, die ganz und gar nicht in die Zollgesetzgebungskompetenz der EU, sondern in die innerstaatliche Gesetzgebungskompetenz des Bundestages fallen.

Erinnern wir uns: Am 5. Oktober sah die Tagesordnung der Bundesregierung vor, dem deutschen Wirtschaftsminister Vollmacht zur vorläufigen Inkraftsetzung des CETA-Handelsabkommens im Ministerrat der EU am 18. Oktober zu erteilen. Inhaltliche Vorbehalte der Bundesregierung oder mögliche Einschränkungen der Vollmacht waren weder bekannt noch offenbar  geplant. Vielmehr hatte sich Gabriel nach dem positiven Votum des SPD-Parteivorstands dahingehend geäußert, die mit CETA zu verabschiedenden Standards seien „ein Quantensprung gegenüber allen bisherigen Abkommen“ – grünes Licht für CETA also. Quasi in letzter Sekunde wurde sodann die vorgesehene Ermächtigung Gabriels von der Tagesordnung genommen – aus „technischen Gründen“ wie es hieß.

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