Brasilien

Mit den Ersparnissen des Auslandes wachsen...

| 06. August 2017
istock.com/simonmayer

Auch große Schwellenländer wie Brasilien mit einer eigenständigen Tradition in kritischer Ökonomik können sich dem neoklassischen Mainstream und einer ultraorthodoxen Zentralbank nicht widersetzen. Das treibt ungeahnte Blüten. Ein Erfahrungsbericht aus Sao Paolo.

Entwicklungs- und Schwellenländer müssen nicht nur mit den Produkten leben, die ihnen der Norden permanent aufzwingt (McDonalds lässt grüßen), sondern sie sind leider auch nicht immun gegen den intellektuellen Fast Food, den ihnen der Norden dauernd um die Ohren schlägt und dessen sie sich kaum erwehren können. Die Erkenntnisse, die aus dem Norden kommen, sind doch in den besten Instituten und Universitäten ausgebrütet worden und können daher gar nicht falsch sein. Wie könnte ein Schwellenland behaupten, es brauche die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse des Nordens nicht, weil es sich das alles selbst und viel besser erarbeitet hat. Dass das in ökonomischen Fragen ganz anders ist, wird immer noch nicht verstanden.

Ich war am Wochenende in Sao Paolo zu einer wissenschaftlichen Konferenz eingeladen, bei der es um makroökonomische Steuerung im weitesten Sinne ging. Zwar waren die meisten der Ökonomen auf dieser Konferenz kritischen Schulen zuzurechnen, die nicht einfach Neoklassik nachbeten. Aber auch in Brasilien wird an den wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten in erster Linie Neoklassik gelehrt, wie mir viele der anwesenden Studenten leidgeprüft versicherten. Die Auswahl der Professoren verläuft an brasilianischen Universitäten nicht anders als an europäischen und amerikanischen, was heißt, dass nur derjenige eine Chance hat, eine Professur zu bekommen, der Veröffentlichungen in den berühmten Journalen nachweisen kann. Wer dort veröffentlichen will, muss aber Neoklassik bis zum Exzess betreiben, weil die dort Verantwortlichen und die Referees die formale Schönheit neoklassischer Modelle für die einzige Form wissenschaftlicher Ökonomik halten.

[...]

Nichts schreibt sich von allein!

Nur für Abonnenten

MAKROSKOP analysiert wirtschaftspolitische Themen aus einer postkeynesianischen Perspektive und ist damit in Deutschland einzigartig. MAKROSKOP steht für das große Ganze. Wir haben einen Blick auf Geld, Wirtschaft und Politik, den Sie so woanders nicht finden.

Dabei leben wir von unseren Autoren, ihren Recherchen, ihrem Wissen und ihrem Enthusiasmus. Gemeinsam scheren wir aus den schmaler werdenden Leitplanken des Denkens aus.

Wir verlassen die journalistische Filterblase, in der sich viele eingerichtet haben. Wir öffnen Fenster und bringen frische Luft in die engen und verstaubten Debattenräume.

Brauchen Sie auch frische Luft? Dann folgen Sie einfach dem Button.

ABONNIEREN SIE MAKROSKOP
Schon Abonnent? Dann hier einloggen!