National Health Service – Ende eines Mythos
Die Überhöhung des NHS durch die Politik ist – nicht erst seit Corona – zu einem Problem geworden. Jetzt debattieren die Briten über ein Gesundheitssystem, das seinen Zielen längst nicht mehr gerecht wird.
Am 5. Juli feierte das nationale Gesundheitswesen Großbritanniens (NHS) seinen 72. Geburtstag. Die Abendnachrichten zeigten Menschen, die auf der Straße sangen oder klatschten. Im Nordosten fand sogar eine kleine Flugschau statt. Schon in den Monaten zuvor, während der schweren Zeit des Lockdowns, hatten Millionen Bürger jeden Donnerstagabend an ihren Fenstern oder Haustüren für ››ihr NHS‹‹ applaudiert.
Erschaffung eines Mythos
Das durch Steuern finanzierte NHS („National Health Service“) beschäftigt über 1,7 Millionen Mitarbeiter und ist ein Relikt des britischen Wohlfahrtsstaates der Nachkriegszeit. In einem Land, das spätestens seit der Brexit-Wahl tief gespalten ist, wird es auch wegen seiner als konsensstiftenden Funktion gelobt. So bezeichnete die Financial Times 2018 das NHS als eine der wenigen Institutionen, die das Land noch einigt. Und tatsächlich deuten Umfragen darauf hin, dass eine Mehrheit der Briten zufrieden ist (laut yougov sogar zufriedener als die Deutschen mit ihrem Gesundheitssystem). Diese Zustimmung machte sich die Regierung im März zunutze, als sie mit dem Slogan, ››Bleibt zuhause, schützt das NHS, rettet Leben‹‹ (››Stay home, Protect the NHS, Save lives‹‹), die Menschen aufforderte, die strengen Ausgangsbeschränkungen zu respektieren.
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