Länder

Polen, ein neoliberales El Dorado?

| 10. Juni 2013

Vergangene Woche war ich eingeladen, in Warschau zwei Vorträge zum Thema Eurokrise zu halten. Das war naturgemäß Anlass, in Gesprächen mit meinen Gastgebern auch über die wirtschaftliche Lage in Polen und vor allem auch über die geistige Lage der polnischen Wirtschaftswissenschaften zu reden. Das sollte schon deswegen interessant sein, weil Polen eine große Tradition in kritischer Ökonomie hat und mit Michal Kalecki  einen der größten kritischen Denker hervorgebracht hat. Mein Gastgeber war Professor Jerzy Osiatynski, der die gesammelten Werke von Kalecki herausgegeben hat, Berater des polnischen Präsidenten ist und zusammen mit Professor Kasimierz Laski, der seit vielen Jahren in Wien lebt, die große Tradition des polnischen Flügels des makroökonomischen Denkens aufrechterhält.

Kalecki hat in etwa zur gleichen Zeit wie Keynes (man streitet bis heute darüber, wer von den beiden zuerst war) unter anderem gezeigt, dass Sparen keineswegs eine Tugend ist, sondern die wirtschaftliche Entwicklung behindern kann. Er hat das Denken über die verschiedenen Sektoren der Volkswirtschaft hinweg, also Unternehmen, private Haushalte und Staat, begründet und die Unternehmensgewinne konsequent in die Analyse einbezogen. Kalecki hat in meinen Augen auch sehr klar und klarer als Keynes gezeigt, dass Lohnsenkung in gesamtwirtschaftlicher Betrachtung nicht die Beschäftigung erhöht, sondern die Nachfrage nach Gütern senkt und damit auch das bestehende Niveau der Beschäftigung bedroht.

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