Amerika

Spiele in einem paralysierten Land

| 11. August 2016

Seit dem letzten Wochenende stehen die Olympischen Spiele in Rio im Mittelpunkt der Weltöffentlichkeit. Doch der Blick auf die Spiele ist nicht ungetrübt, denn Brasilien steckt in einer gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Paralyse.

Ein vertrautes Bild: wütende soziale Proteste, eine heikle Sicherheitslage und massive ökologische Belastungen – Brasilien vor den Sommerspielen 2016, Brasilien vor der Fußball-Weltmeisterschaft 2014. Während des Sportfests werden die Krisenmeldungen dann in den Hintergrund gedrängt, nach seinem Ende interessiert sich die Weltöffentlichkeit  dann weder für die Probleme des Landes, noch für die soziale und ökonomische Bilanz des Großereignisses. Einen kleinen Unterschied gibt es aber schon: die Massendemonstrationen sind 2016 kleiner geworden als vor zwei Jahren. Das liegt aber nicht unbedingt daran, dass die sozialen Vorbehalte gegen die Olympischen Spiele geringer sind. Im Gegenteil, der Enthusiasmus für die Spiele ist sogar zurückhaltender als beim Fußball. Nein, selbst die brasilianische Gesellschaft scheint inzwischen paralysiert zu sein, so wie auch seine Politik und Wirtschaft.

Infrastrukturelle Probleme

Die gesellschaftliche Paralyse ergibt sich nicht zuletzt aus den massiven sozialen Umwälzungen während des Booms in der ersten Dekade des Millenniums. Brasilien ist traditionell eines der am stärksten von sozioökonomischer Ungleichheit  gekennzeichneten Länder der Welt. Die von der Arbeiterpartei geführten Regierungen schafften es nicht nur einen langen wirtschaftlichen Expansionsprozess zu organisieren, sondern auch durch Sozialprogramme, erleichterten Kreditzugang und eine massive Erhöhung des Mindestlohns arme Bevölkerungsschichten an diesem Boom partizipieren zu lassen. Etwa 35 Millionen Brasilianern gelang zwischen 2002 und 2012 aus extremer Armut der Aufstieg in die untere Mittelklasse –  das sind mehr als die Einwohnerzahlen von Bolivien, Paraguay und Ecuador zusammen. Dieser Aufstieg bezieht sich allerdings zunächst auf Einkommen und Konsummöglichkeiten, nicht unbedingt auf qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung, Bildung und weitere soziale Mobilität.

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