Statt einer Prognose: 3 Szenarien der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland (Teil II)
In unserem Basisszenario, das am Mittwoch beschrieben wurde, haben wir angenommen, dass die Bruttolöhne und -gehälter je Beschäftigten in diesem Jahr um 3,1 Prozent steigen. Das sogenannte Arbeitnehmerentgelt nimmt dann um 3,2 Prozent zu. Daraus ergibt sich ein Masseneinkommenszuwachs von 2,9 Prozent. Bei der unter diesen Bedingungen erwarteten Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) und der Preise würden dann die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen, die ja das Residualeinkommen sind (also das, was übrig bleibt, wenn alle kontraktbestimmten Einkommen wie die Löhne und Gehälter beglichen sind), um 3,5 Prozent zulegen.
Wir wollen nun in zwei Varianten zeigen, was passieren würde, wenn sich die wirtschaftspolitische Konzeption in Deutschland radikal geändert und Deutschland schon in diesem Jahr begonnen hätte, die Defizitländer aktiv bei Maßnahmen zu unterstützen, die dazu dienen, deren jährliche Neuverschuldung (privat und öffentlich) allmählich herunterzufahren. In der ersten Variante (Variante A) nehmen wir an, die Nominallöhne (pro Kopf) würden um gut fünf statt um gut drei Prozent steigen. In der zweiten Variante (Variante B) wollen wir zusätzlich annehmen, dass es zu einem Abbau des deutschen Handelsbilanzsaldos um 22 Milliarden Euro käme. Das ist ungefähr ein Achtel des Außenbeitrags und wäre somit ein eher bescheidener Anfang, wenn man davon ausgeht, dass es nicht nur um den Abbau der Überschüsse (also um das Ende zusätzlicher Verschuldung der anderen Länder) geht, sondern letztlich darum, dass die Defizitländer ihre Schulden zurückzahlen, was zwangsläufig bedeutet, dass sie Überschüsse in ihrer Leistungsbilanz haben und Deutschland Defizite. Eine Verringerung des deutschen Überschusses in ungefähr dieser Größenordnung wäre also 8 Jahre lang notwendig, um erst einmal auf einen ausgeglichenen Außenbeitrag zu kommen, von einer Rückzahlung der Schulden an Deutschland wäre also noch nicht einmal ansatzweise die Rede.
[...]Nichts schreibt sich von allein!
MAKROSKOP analysiert wirtschaftspolitische Themen aus einer postkeynesianischen Perspektive und ist damit in Deutschland einzigartig. MAKROSKOP steht für das große Ganze. Wir haben einen Blick auf Geld, Wirtschaft und Politik, den Sie so woanders nicht finden.
Dabei leben wir von unseren Autoren, ihren Recherchen, ihrem Wissen und ihrem Enthusiasmus. Gemeinsam scheren wir aus den schmaler werdenden Leitplanken des Denkens aus.
Wir verlassen die journalistische Filterblase, in der sich viele eingerichtet haben. Wir öffnen Fenster und bringen frische Luft in die engen und verstaubten Debattenräume.
Brauchen Sie auch frische Luft? Dann folgen Sie einfach dem Button.
ABONNIEREN SIE MAKROSKOP