Sven Giegold und die grüne Verdrängungsmaschine
Sven Giegold, Europaparlamentarier der Grünen und für viele im linken Spektrum der Grünen immer noch ein Hoffnungsträger, hat in der ZEIT vergangene Woche ein schlimmes Stück geschrieben, in dem er Sahra Wagenknecht angreift, weil sie einer Spaltung Europas das Wort rede und dem Euro Schuld für Vorgänge gebe, die von der Wirtschaftspolitik zu verantworten seien. Was sich hier vor allem wieder einmal zeigt, ist die Tatsache, dass die Grünen kein wirtschaftspolitisches Konzept haben und sich davor drücken, eines zu entwickeln. Und der Beitrag in der ZEIT zeigt zudem, dass die Grünen nicht wahr haben wollen, erhebliche Mitschuld an der Eurokrise zu haben, weil Deutschlands Lohndumping mit ihrer Zustimmung geschehen ist.
Zunächst kann niemand, der ernst genommen werden will, zu diesem Thema schreiben, ohne die deutsche Abwertungsstrategie seit Beginn der Währungsunion klar und deutlich anzusprechen. Giegold sagt kein Wort dazu. Wer das nicht sagt, kann logischerweise auch nicht sagen, dass Lohnsenkung als Ersatz für eine Abwertung der Währung ein Katastrophenszenario mit Massenarbeitslosigkeit und Elend heraufbeschwört. Stattdessen schreibt Giegold: "Wenn nicht nur (sic!) die Löhne in den Defizitländern gesenkt worden wären und Deutschland seine Gesamtnachfrage schneller gesteigert hätte, hätten in Spanien, Portugal, Irland und Griechenland viele Arbeitslose vermieden werden können." Das heißt ja, dass Giegold die Lohnsenkung in Südeuropa, eingebettet in andere Maßnahmen (denn so macht in dem zitierten Satz das "nur" einen Sinn), befürwortet! Oder soll obiges "nicht nur" bedeuten, die Löhne hätten auch noch anderswo als in Südeuropa gesenkt werden sollen? Etwa in Deutschland? Aber wie stellt sich Giegold dann eine Steigerung der Gesamtnachfrage hierzulande vor? Allein durch die Fiskalpolitik? Nein, der Satz, so schlecht und unklar er formuliert sein mag, ergibt nur Sinn, wenn man ihn dahingehend versteht, dass Giegold der Lohnsenkung in Südeuropa keine vehemente Absage erteilt.
[...]Nichts schreibt sich von allein!
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