Kommentar

Unerträglich undemokratisch

| 10. Februar 2020
www.istock.com/:Sophie Walster

Die AfD: Unerträglich! Die Brexiteers: Unerträglich! Und die Kritiker des freitäglichen Klimastreiks natürlich auch. Das Unerträgliche bestimmt die Wahrnehmung. Es ist Modewort und – gar nicht mal so demokratisch.

Ralf Stegner von der SPD teilte neulich via Twitter mit, dass er die britischen Brexit-Befürworter als unerträglich empfinde. Er findet dort übrigens in regelmäßigen Abständen etwas unerträglich. Die AfD natürlich am häufigsten. Der Bauernpräsident Joachim Rukwied sprach kürzlich nach eigener Wahrnehmung für alle Bauern im Lande, als er einen Edeka-Werbespot als unerträglich kategorisierte. Til Schweiger ließ indes Markus Lanz wissen, dass er den US-Präsidenten unerträglich finde. Und der Seelsorger im Bundestag hält es für unerträglich, wie gering das Ansehen seiner Schäfchen aus der Politik in der Bevölkerung ist.

Kurz und gut: Eine ziemlich unerträgliche Situation, in der wir uns befinden. Jeder auf seine Weise. Denn was für unerträglich gehalten wird, ist je nach Filterblase verschieden. Klar ist demgegenüber bloß, dass die Unerträglichkeit einen Aufstieg als vermeintliches Analyseelement hingelegt hat. Dabei handelt es sich um nicht mehr als eine subjektive Wertung – ja letztlich um eine plumpe persönliche Befindlichkeit. In gefühlsbetonten Zeiten wie unseren, in der "Harmonie" als biedermeierscher Rückzug in "Safe Spaces" propagiert wird, stellt »unerträglich« als Beurteilung wohl die höchste Ausdrucksform dar.

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