Unser Geldsystem XVIII– Der Zins (3)
Wir haben im zweiten Teil unserer Analyse zum Zins festgestellt, dass der Zins in weiten Teilen direktes oder indirektes Ergebnis der Wirtschaftspolitik ist. Wir haben auch festgestellt, dass die Standardökonomie das ignoriert oder sogar ausdrücklich verneint und schon deswegen zur Erklärung wirtschaftlicher Dynamik nichts beitragen kann. Aber es kommt noch schlimmer. Die Standardökonomie hat ein Glasperlenspiel zur Beschreibung wirtschaftlicher Stationarität erfunden, in dem sie den Zins (am Kapital- oder Geldmarkt) mit der Rendite auf Sachkapital gleichsetzt. Die Gleichsetzung des Zinses, der für Kredite bezahlt werden muss, mit der bei Investitionen in Sachkapital anfallenden Rendite ist ein unmittelbarer Beweis dafür, dass man im ökonomischen Standardmodell gar nicht erst versucht, die Wirklichkeit einer dynamischen Entwicklung von monetären Marktwirtschaften zum Fokus der Analyse zu machen. Es gibt in der Standardökonomie keine Gewinne bzw. sollte es sie doch geben, dann nur vorübergehend, weil sie auf Dauer bei hinreichend starkem Wettbewerb wegkonkurriert werden. Im langfristigen Gleichgewicht sind aber alle Gewinne wegkonkurriert worden. Und dieses langfristige Gleichgewicht ist das, wofür sich die meisten Ökonomen interessieren. Das führt dazu, dass die Ergebnisse dieses Glasperlenspiels und daraus gezogene Schlussfolgerungen für die reale Welt nutzlos, ja oft sogar schädlich und eigentlich nur für die Glasperlenspieler in der „Wissenschaft“ selbst von Interesse sind.
Im neoklassischen Modell gibt es einen Markt für das Sparen und das Investieren, also das Angebot von und die Nachfrage nach Kapital. Dieser Markt wird ausgeglichen durch seinen Preis, den Zins. Steigt die Sparneigung der Bevölkerung, steigt auch das Angebot an Kapital. Folglich sinkt der Zins und zwar genau so lange, bis durch zunehmende Investitionstätigkeit das zusätzliche Sparkapital in Form von Investitionen absorbiert ist. Weil es immer eine Menge von Investitionsprojekten gibt, die bei einem niedrigeren Zins durchgeführt werden, entspricht die Rendite der letzten gerade noch durchgeführten Investition (der Grenzinvestition) genau dem Zins. Die Idee der Grenzproduktivität wird in der Neoklassik auf den gesamtwirtschaftlichen Kapitalmarkt völlig analog zum gesamtwirtschaftlichen Arbeitsmarkt angewendet, auf dem ja die letzte eingesetzte Einheit an Arbeit (Arbeitsstunde oder Arbeitskraft) genau so viel kostet, wie sie erbringt. Jedenfalls sollte es so sein, wenn sich die Märkte im Gleichgewicht befinden. Befinden sie sich nicht im Gleichgewicht, dann tendieren sie immerhin in Richtung Gleichgewicht, vorausgesetzt es herrscht genügend Wettbewerb und Flexibilität.
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