Weltwirtschaft

Vom Kampfeswillen und der Kampfesfähigkeit der deutschen Gewerkschaften – oder warum der gute Wille nicht ausreicht

| 24. Mai 2013

Auf meiner Reise durch Norddeutschland habe ich von vielen Gewerkschaftern gehört, wie groß ihr Kampfeswille wäre, wenn sie in gleicher Weise wie in früheren Zeiten in der Lage wären, die Basis zu mobilisieren und auch einen längeren Streik durchzuhalten. Doch, so klagen sie, seit der Agenda 2010 und Hartz IV sei es wesentlich schwerer, die Basis in einen Arbeitskampf zu führen. Ich glaube das gerne, war doch jedem vernünftigen Menschen klar, dass die Drohung, schon nach einem Jahr in Arbeitslosigkeit in das Hartz-IV-Regime abzusteigen, eine fundamentale Bedrohung auch für die Arbeitnehmer war, die sich eigentlich relativ sicher wähnten, dass für sie Arbeitslosigkeit eigentlich kein Thema ist, sondern sie höchstens für kurze Zeit einmal in Verlegenheit bringen kann.

Hinzu kamen sicherlich das weit verbreitete Gerede von den Gefahren durch die Globalisierung und die permanente Gehirnwäsche durch die deutschen Medien, die den Gewerkschaften und den Arbeitern weiszumachen versuchen, in den neuen Zeiten des Wettbewerbs von Nationen, des Standortwettbewerbs, könne man nicht mehr wie früher einmal einen größeren Schluck aus der Lohnpulle nehmen, ohne dauerhaft zu Schaden zu kommen. Man sollte auch nicht übersehen, wie viel Eindruck bei den Arbeitnehmern die Tatsache hinterlassen hat, dass es nach einem historischen Wahlsieg im Jahr 1998 ausgerechnet die Sozialdemokraten waren, die mit der Agenda 2010 und Hartz IV den Gewerkschaften das Rückgrat gebrochen haben. Wenn schon die Sozialdemokraten Lohnsenkung und Flexibilisierung des Arbeitsmarktes als einzigen Ausweg aus Arbeitslosigkeit ansehen, so wird manch ein Arbeiter gedacht haben, dann muss da etwas dran sein und ich spiele nur den anderen in die Hände, wenn ich auch diese politische Partei bekämpfe.

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