Coronavirus-Pandemie

Von Japan lernen

| 16. März 2020
www.istock.comKim Vermaat

Wer in den letzten Jahren in Tokio war, dem dürften sie nicht entgangen sein: Menschen, die in Zügen oder auf bevölkerten Straßen Atemschutzmasken tragen. Warum tun sie das?

Gibt es in Japan eine größere Angst, einer Epidemie oder Grippe zum Opfer zu fallen? Das vielleicht auch, aber der Grund ist ein anderer: Es gilt als unhöflich, sich hustend und schniefend durch den öffentlichen Raum zu bewegen. Die Atemschutzmaske dient weniger dem Schutz vor der Ansteckung durch andere, sondern dem Schutz anderer vor den eigenen Viren. Ist es nicht Zeichen einer egozentrischen Kultur, dass dieser Aspekt in vielen Diskussionen hierzulande über den Sinn oder Unsinn von Atemschutzmasken nur am Rande, wenn überhaupt, erwähnt wurde?

Es hätte die Verbreitung des Virus vermutlich deutlich gebremst, hätte die Kanzlerin oder der Gesundheitsminister schon vor einem Monat öffentlich dazu aufgerufen, bei jedweden Erkältungssymptomen der Arbeit fern zu bleiben, keine Großveranstaltungen zu besuchen und – sofern man doch öffentliche Verkehrsmittel nutzen muss – über das Anlegen einer Atemschutzmaske nachzudenken, um andere zu schützen. Eine solche Erklärung hätte vielleicht noch rechtzeitig zu einem Kulturwandel beitragen können. Denn noch vor Wochen wäre man mit einer Atemschutzmaske in der U-Bahn schief angesehen worden – als wäre man ein paranoider Irrer, der mit übertriebenen Maßnahmen nur unsinnige Panik schürt.

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