EU

Wie von einem anderen Stern – Der Sachverständigenrat schreibt 500 Seiten, die mit dem größten Problem der europäischen Gegenwart nichts zu tun haben

| 13. November 2013

Man muss sich das bildlich vorstellen: Rund um Deutschland tobt ein heftiger Sturm der Empörung über die deutsche Rolle in der Eurokrise und vor allem die Chuzpe der deutschen Politiker bei der Rezeption dieses Sturmes – und der Sachverständigenrat (SVR) setzt sich seelenruhig in seinen Ohrsessel hinter dem Ofen und denkt und schreibt, was er immer schon so gedacht und geschrieben hat. Er verteidigt die Agenda-Politik und predigt dabei wie immer die heile Marktwirtschaft. Damit ist eigentlich schon alles gesagt und man kann es sich schenken, in die 500 Seiten dieses Werkes auch nur hineinzuschauen. Wer einen kritischen Geist hat und ein wenig mehr wissen will, sollte mit der Suchfunktion die (ich glaube, es sind drei) kurzen Minderheitsmeinungen von Peter Bofinger ansteuern, dann weiß er genug über den Ungeist, der diesen sogenannten Sachverständigenrat umtreibt.

Nur zwei Beispiele will ich nennen. In Ziffer 88 schreibt der Rat über die Ersparnisbildung in den sogenannten Programmstaaten, also den Staaten in Europa, die unter verschärfter Aufsicht der Troika stehen. Er plädiert für eine beschleunigte Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Dann schaut er die private Ersparnisbildung an und kommt zu dem Ergebnis: „Parallel zu den öffentlichen Haushalten haben die privaten Haushalte und Unternehmen nennenswerte Anstrengungen zur Rückführung der privaten Verschuldung unternommen. Die dabei erzielten Erfolge unterscheiden sich ... von denen der staatlichen Konsolidierung: ... die Finanzierungssalden der privaten Haushalten und Unternehmen in den meisten Ländern (sind) im Jahr 2012 bereits positiv gewesen, während die staatlichen Defizite bislang lediglich zurückgeführt werden konnten.“ Danach widmet er sich den Außenhandelssalden und fordert die Programmländer und auch die übrigen Länder in Schwierigkeiten wie Spanien und Italien auf, mehr für die Rückführung ihrer Leistungsbilanzdefizite zu tun, also ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

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