Kommentar

Wir wissen es einfach nicht

| 11. August 2016

Der ökonomische Mainstream ist zutiefst verunsichert, weil alle seine Vorhersagen offensichtlich falsch sind. Unsicherheit prägt das globale Bild über die Wirtschaft. Da sucht man Zuflucht bei dem Ökonomen, der über Jahrzehnte als die Verkörperung des Bösen schlechthin galt. Was noch nicht verstanden wird: Wer A sagt, muss auch B sagen; wer Keynes’ objektive Unsicherheit in die ökonomische Welt einführt, muss konsequenterweise die Neoklassik und ihren politischen Bruder, den Neoliberalismus, vollständig über Bord werfen.

In diesen Zeiten der Krise und der Stagnation passieren manchmal schon erstaunliche Dinge. So erwähnt der für den Finanzmarkt verantwortlicher Redakteur der FAZ (Gerald Braunberger) in einem Kommentar (hier) gleich zwei Mal ein extrem wichtiges Zitat von John Maynard Keynes. Er benutzt es jedoch nicht, um Keynes zu widerlegen oder zu denunzieren, sondern als Beleg für den Zustand der Welt. Da ist etwas ins Rutschen geraten. Das war eigentlich schon lange zu erwarten, wurde aber von den Beharrungskräften der mächtigen herrschenden Lehre bisher erfolgreich blockiert.

Mit den schlichten Worten „We simply do not know“ (Wir wissen es einfach nicht) hat Keynes in seiner „General Theory“ das beschrieben, was er „objektive Unsicherheit“ nennt. Es gibt einfach keine Methode, mit der man bestimmte Ereignisse oder Entwicklungen vorhersehen kann, weil sie objektiv unbekannt sind. Keynes hat damit fundamental mit der herrschenden neoklassischen Lehre gebrochen. Die neoklassische Lehre vermutete damals und vermutet auch noch heute, dass es zu beobachtende Gesetzmäßigkeiten in der Entwicklung der Wirtschaft gibt, die, sobald sie erkannt sind, es der Politik erlauben, sich auf kleinere Eingriffe und Korrekturen zu beschränken, weil das Große und Ganze vorgegeben ist.

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