Zur Kontroverse um Obamas Mindestlohninitiative
Die Wirtschaft mag schon wieder stottern, woran laut vieler Beobachter das Winterwetter Schuld sein soll, doch in der Debatte zur Erhöhung des Mindestlohns bahnt sich in Amerika wohl wirklich eine neue Hochkonjunktur an. Eine Erhöhung des zuletzt in drei Schritten in den Jahren 2007 bis 2009 auf derzeit $7,25 angehobenen Mindestlohns auf Bundesebene ist schon seit geraumer Zeit ein Thema gewesen, an dem sich amerikanische Gemüter selbst in kalten Wintern erhitzen können. Jetzt hat Präsident Obama aber einen neuen Vorstoß in dieser Richtung unternommen. In seiner „State of the Union“ Ansprache von Ende Januar verkündete er die Erhöhung des Mindestlohns auf $10,10 für Auftragnehmer der Bundesregierung. Das betrifft direkt zunächst nur einen kleinen Kreis von Arbeitnehmern, für die diese Veränderung per Exekutivbefehl des Präsidenten zur Realität wurde. Eine Anwendung auf das ganze Land und Arbeitsverträge allgemein erfordert dagegen ein entsprechendes Gesetz, das natürlich vom Kongress verabschiedet werden müsste. Und dort streitet man sich wie gewöhnlich eben auch über den Nutzen oder Schaden einer solchen Mindestlohnerhöhung.
So war es nur zu passend, dass vor zwei Wochen auch eine neue Untersuchung des Congressional Budget Office (CBO) zu den Beschäftigungs- und Verteilungswirkungen einer Erhöhung des Bundesmindestlohns erschienen ist. Diese Untersuchung war wohl schon im Wesentlichen fertig gestellt als der Präsident seine Rede hielt. Abhängig von Parteibuch und politischer Gesinnung gab sie dann jedenfalls Anstoß für Begeisterung oder Verärgerung, weil sie für den Fall einer landesweiten Anhebung des Mindestlohnes auf $10 einen Beschäftigungsverlust von 0,3 Prozent oder 500.000 Arbeitsplätzen schätzt. Die Republikaner jubelten, weil damit ein alter Glaubenssatz der Konservativen unterstrichen wurde. Der „Council of Economic Advisers“ (CEA), der Präsident Obama bei der Wirtschaftspolitik berät, konterte dagegen, dass der unterstellte Beschäftigungsverlust nicht mehr dem heutigen Konsens unter Wirtschaftsforschern entspräche. Am letzten Wochenende hielt Obama dann eine weitere Rede zum Mindestlohn, die im Titel zum Ausdruck bringt, dass der Präsident mit der Mindestlohnanhebung eigentlich auch eine Lohnerhöhung für Amerika im Sinn hat („Time to lift the minimum wage and give America a raise“). So wird die angestrebte Anhebung des Mindestlohns Teil einer Politikinitiative, die den langen Trend hin zu immer mehr Einkommensungleichheit stoppen oder sogar umkehren soll.
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