EU

Zur Lohnrunde 2013 (Teil 2)

| 20. März 2013
istockphoto.com/anyaberkut

Der außenwirtschaftliche Aspekt von Lohnverhandlungen

In dieser Artikelserie werden wir zum Thema Löhne und Lohnpolitik eine Reihe von Beiträgen veröffentlichen, die zu dem zentralen makroökonomischen Zusammenhang von Arbeitsmarkt und wirtschaftlicher Entwicklung Stellung beziehen und daher für die Frage wichtig sind, wie die anhaltende Wirtschaftskrise beendet werden kann.

Fortsetzung des Beitrags "Schlagkraft setzt Glaubwürdigkeit und Glaubwürdigkeit Klarheit voraus" vom 19.3.2013.

Doch so einfach ist die Sache leider nicht. Denn wir leben in einer globalisierten Welt mit viel Handel, sind noch dazu eine "Exportnation", genauer gesagt: ein Land, das mehr exportiert als importiert, also von Handelsüberschüssen als wesentlicher Nachfragekomponente lebt.

Exkurs Nettoexporte und Wirtschaftswachstum:
 
Wie wesentlich diese Nachfragekomponente inzwischen für die deutsche Wirtschaft ist, lässt sich rein empirisch daran ablesen, dass der Wachstumsbeitrag der Exportüberschüsse im vergangenen Jahr 0,7% ausmachte. Bei einem BIP-Wachstum von 0,7% heißt das, dass es bei uns ohne die Steigerung der Handelsüberschüsse 2012 überhaupt kein Wachstum gegeben hätte. Übrigens entspricht der Leistungsbilanzüberschuss derzeit ungefähr 6% des BIP. Das ist doppelt so viel, wie der Staat jedes Jahr laut Maastrichtverträgen maximal an Schulden aufnehmen darf. Das Ausland musste sich 2012 also doppelt so viel bei uns verschulden, wie wir es unserem Staat höchstens zugestehen, damit wir ein Wachstum von wenigstens 0,7% hinbekommen konnten.
 
Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Nun, wir haben dem Ausland neue Kredite in Höhe von 6% unseres BIP gewährt. Zugleich wird aber EU-weit die Auffassung vertreten, es sei gefährlich, wenn man dem eigenen Staat pro Jahr neue Kredite in Höhe von mehr als 3% des BIP gäbe. Warum vertrauen wir eigentlich dem Ausland mehr, es werde diese Kredite pünktlich zurückzahlen, als dem eigenen Staat? Diese Frage wird kaum je gestellt. Entscheidend in der öffentlichen Wahrnehmung ist, dass der Leistungsbilanzüberschuss (also die Kreditvergabe an das Ausland) unsere Wirtschaft stützt. Die simple "Logik" dahinter: Kredite an das Ausland sind offenbar gut und Kredite an den Staat gefährlich. Daher ist unsere Regierung mächtig stolz darauf, dass das öffentliche Defizit in Deutschland gegen Null tendiert. Das Ausland übernimmt also für unsere Wirtschaft die Rolle, die wir der eigenen öffentlichen Hand verwehren und die wir mit der privaten Binnennachfrage nicht zustande bringen. Gleichzeitig kritisieren wir das Ausland für seine öffentlichen und privaten Schulden und machen zumindest den europäischen Partnern Vorschriften, wie sie ihre Staatshaushalte und Arbeitsmärkte zu organisieren hätten.

Welcher Zusammenhang besteht aber zu der Frage, welche Inflationsrate in die Lohnverhandlungen eingehen soll? Die tatsächliche nationale Preisentwicklung bzw. die Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten bestimmt die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes auf den internationalen Märkten. Je langsamer die inländische Preisentwicklung resp. die Entwicklung der Lohnstückkosten im Vergleich zu derjenigen der Handelspartner, desto wettbewerbsfähiger werden wir. (Die gegenteilige Behauptung von Seiten des DGB wurde bereits von mir kommentiert.)

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