„Goldene Rüstungsregel“ statt echter Zeitenwende?
Der neue Kriegskeynesianismus fügt sich in das enge Korsett des EU-Stabilitätspakts. Doch die europäische Souveränität darf nicht nur militärisch, sondern muss auch sozial und wirtschaftlich gedacht werden.
Man darf nicht naiv sein: Der Zug des europäischen Rüstungskeynesianismus – treffenderweise als „Bastardkeynesianismus“ bezeichnet – ist abgefahren. Die umfassenden Aufrüstungspläne sind beschlossene Sache. Folgende Entwicklungen haben die europäische Öffentlichkeit mit Hilfe der Dauerpräsenz einschlägiger „Experten“ in die mediale Atmosphäre eines mitunter penetranten Bellizismus geführt:
- der völkerrechtswidrige Angriffs- und Eroberungskrieg Russlands in der Ukraine,
- das attentistische und deshalb umstrittene Engagement für die militärische Unterstützung der verteidigungsbereiten Ukraine durch die NATO-Staaten bei gleichzeitiger Vermeidung einer direkten kriegerischen Konfrontation mit der russischen Atomstreitmacht,
- die Kompensation der militärischen Selbstbeschränkung des „Westens“ durch einen umfassenden und teilweise selbstschädigenden Wirtschaftskrieg gegen das putineske Russland und schließlich
- die notorische Vernachlässigung diplomatischer Initiativen zur Beilegung des Konflikts mit der Chance für eine mittelfristige Neuordnung der europäischen Sicherheitsarchitektur unter Berücksichtigung sowohl ukrainischer Souveränitäts- als auch russischer Sicherheitsinteressen.
Mangelnde Kriegsdividenden und drohende Friedensrezession
Die Angst vor einer russischen Bedrohung – bis hin zur Behauptung, ein Krieg zwischen der NATO und Russland in osteuropäischen Ländern wie Moldawien, dem Baltikum oder Polen sei kaum noch zu vermeiden – bestimmt inzwischen weite Teile der politischen Agenda in Europa. Und dabei wird am allerwenigsten die Frage erörtert, ob Putins Russland seine vermeintlichen Aggressionspläne gegen eine nicht gerade abgerüstete EU-NATO-Verteidigungsachse überhaupt ausführen könnte – daran entstehen Zweifel, vergleicht man wie Günther Grunert auf MAKROSKOP militärpolitische Indikatoren der beiden Blöcke.
[...]Nichts schreibt sich von allein!
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