Nur noch Mini-Wachstum in der Eurozone
Das Wachstum in der Eurozone bricht auf 0,1 Prozent ein – der Handelskonflikt und strukturelle Schwächen sind belastende Faktoren.
Die Wirtschaft der Eurozone ist im zweiten Quartal 2025 von April bis Juni nur um magere 0,1 Prozent gewachsen. Das teilte das EU-Statistikamt Eurostat am Donnerstag mit und bestätigte damit eine erste Schätzung von Ende Juli. Im ersten Quartal hatte es noch ein starkes Plus von 0,6 Prozent gegeben.
Damit zeigt sich, dass der Aufschwung der vergangenen Monate vor allem auf einem einmaligen Vorzieheffekt beruhte: Unternehmen hatten Exporte vorgezogen, um drohenden US-Zöllen zuvorzukommen. Dieser kurzfristige Impuls ist nun verpufft – übrig bleibt eine Konjunktur, die sowohl durch externe Schocks als auch durch hausgemachte Probleme unter Druck steht.
Besonders betroffen ist Deutschland, dessen exportorientierte Industrie empfindlich auf die neuen US-Importzölle von 15 Prozent reagiert. Im Juni brach die Industrieproduktion um 1,3 Prozent ein, und auch das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte leicht. Neben den Belastungen durch den Handelskonflikt wirken steigende Energiekosten, ein Investitionsstau in der Infrastruktur, Fachkräftemangel und zunehmender globaler Wettbewerb als strukturelle Bremsklötze. Ähnlich ergeht es Italien, während Länder wie Frankreich und Spanien dank stärkerer Binnennachfrage moderat wachsen.
Die gegenwärtige Entwicklung ein Musterbeispiel für die zentrale Rolle der effektiven Nachfrage. Wenn Unternehmen und Haushalte unter Unsicherheit leiden – wie aktuell durch die US-Zollpolitik und geopolitische Spannungen – gehen Investitionen und Konsum zurück, selbst wenn die Europäische Zentralbank mit Zinssenkungen gegenzusteuern versucht. Der derzeitige Leitzins von zwei Prozent kann keine Wachstumsimpulse setzen.
Gerade in einem von globalen Unsicherheiten geprägten Umfeld sind fiskalische Impulse entscheidend. Investitionen in Infrastruktur, Energiewende und die technologische Modernisierung könnten die Binnenkonjunktur stützen und die Abhängigkeit von schwankenden Exportmärkten verringern. Zwar plant die Regierung Merz für Deutschland ein milliardenschweres Investitionspaket bis 2026, doch der Effekt wird sich erst verzögert einstellen.
Ohne eine koordinierte, antizyklische Wirtschaftspolitik – national wie europäisch – droht die Eurozone in einer Phase niedrigen Wachstums zu verharren, in der einzelne positive Quartale nur auf kurzfristigen Sondereffekten beruhen. Langfristige Stabilität und Vollbeschäftigung lassen sich nicht allein durch den Markt oder Geldpolitik sichern, sondern erfordern eine aktive, nachfrageorientierte Strategie, die auf nachhaltige Stärkung der realwirtschaftlichen Grundlagen setzt.