Brief aus Brüssel

Vom „Global Player“ zum „Global Payer“

| 21. August 2025

Die europäische Politik wurde in der Sommerpause durchgeschüttelt wie noch nie. US-Präsident Trump hat die Europäer gleich bei drei Gipfeltreffen herausgefordert und geschlagen. Die Quittung fällt gesalzen aus. 

Es sollte eine ruhige Sommerpause werden – ohne nervige EU-Gipfel, endlose Krisensitzungen und Live-Schalten aus Brüssel. Doch daraus wurde nichts – wegen Donald Trump. Gleich dreimal hat der US-Präsident die Europäer aus dem Urlaub gerufen. Schottland, Alaska und Washington heißen die Stationen, an denen Trump die europäische Politik aufgerüttelt und durchgeschüttelt hat. Nun, zum Ende der Brüsseler Sommerpause, ist nichts mehr wie zuvor.

Der ungleiche Handelsdeal mit der EU-Kommission in Schottland, der überraschende USA-Russland-Gipfel in Alaska und der improvisierte EU-Ukraine-Gipfel in Washington werden als Wendepunkte in die europäische Geschichte eingehen. Als unrühmliche Wendepunkte, vielleicht sogar als Momente der Unterjochung und Unterwerfung. Jedenfalls sahen die Bilder, die zuletzt aus dem Weißen Haus in Washington kamen, nicht gut aus.

Die Europäer saßen am Tisch des Präsidenten wie gefügige Schüler beim Oberlehrer. Trump gab Kanzler Friedrich Merz und Präsident Emmanuel Macron vor laufenden Kameras ihre(überraschend guten) Noten; die Europäer revanchierten sich mit Komplimenten und Danksagungen. Niemand habe sich so sehr um Frieden in der Ukraine und Europa bemüht wie er, heuchelten sie – dabei hört man in Brüssel genau das Gegenteil: Trump sei eine Gefahr für die EU und die NATO!

Diplomatie für Fortgeschrittene sei das, hieß es hinterher. Die Europäer hätten ihre Lektion in „Trumpologie“ gelernt und verstanden, dass man dem MAGA-Mann schmeicheln muss, wenn man etwas erreichen will. Das Treffen in Washington habe seine Erwartungen übertroffen, freute sich Merz. Befürchtet wurde ein Debakel wie beim Antrittsbesuch von Wolodymyr Selenskyj im Februar. Herausgekommen ist eine transatlantische „Show of Unity“.

In der Substanz hat der Washington-Gipfel jedoch nicht viel gebracht. Trump hat es zwar geschafft, die Europäer aufs diplomatische Gleis zu setzen – was nach drei Jahren aggressiver Verweigerung schon eine gewaltige Leistung ist. Der US-Präsident hat jedoch offenbar selbst keinen Plan, weshalb er den Schwarzen Peter an Selenskyj und Kremlchef Wladimir Putin weitergereicht hat. Sie sollen sich gefälligst treffen und die Probleme selbst lösen.

Und die Europäer? Ihnen ist die Rolle des Zahlmeisters und Ausputzers zugedacht. Dies zeigte die Debatte über mögliche Sicherheitsgarantien, die nach einem Friedensschluss in der Ukraine greifen sollen. Trump forderte, dass Deutsche, Franzosen und Briten nicht nur das Gros der Friedenstruppen oder Beobachter stellen (über das genaue Mandat wird noch gerungen), sondern gefälligst auch den Beitrag der USA finanzieren sollen.

Es gehe um 100 Milliarden Dollar für US-Waffen, die zur Friedenssicherung in die Ukraine gehen, berichtete die Financial Times. US-Finanzminister Scott Bessent setzte noch einen drauf und erklärte, die Europäer müssten einen zehnprozentigen Aufschlag zahlen – für die amerikanische Luftraumüberwachung und andere Sicherheitsleistungen. Von den Europäern kam kein Widerspruch; vermutlich haben sie die milliardenschweren Zahlungen sogar selbst angeboten.

Es würde jedenfalls zu der neuen Rolle passen, die sie seit Trumps Amtsantritt im Januar fleißig eingeübt haben: Die eines fügsamen und unterwürfigen Partners, der dem US-Präsidenten seinen Tribut zollt – in der Hoffnung, ihn bei Laune zu halten und einen Bruch abzuwenden. Die Sicherheit der Ukraine und Europas habe nun einmal ihren Preis, heißt es in Brüssel. Und da auf Trump kein Verlass mehr sei, müssten die Europäer eben zahlen.

Dasselbe Muster hat sich bereits im Zoll- und Handelsstreit mit den USA gezeigt. Obwohl die EU auf den ersten Blick die besseren Karten hatte und zeitweise sogar mit Gegenwehr drohte, ließ sie sich schließlich von Trump überrumpeln. Auch hier stand die Sorge um die Ukraine und die Angst vor einem Bruch im Hintergrund. Auch hier läuft es auf Milliarden-Zahlungen an die USA hinaus.

Nimmt man alles zusammen – die Handelsversprechen beim Schottland-Gipfel, die Waffenkäufe im Namen der Ukraine und die Absprachen in Washington – so haben sich die Europäer wohl bald eine halbe Billion Euro von Trump abpressen lassen. Der größte Teil dürfte aus Deutschland kommen. Kanzler Merz brüstet sich schließlich damit, dass er die „Führung“ in Europa übernehmen wolle und dazu auch bereit sei, tief in die Tasche zu greifen.

Bei den drei großen Gipfeltreffen dieses Sommers war von einer deutschen oder europäischen Führung aber nichts zu sehen. Der „global Player“ EU habe sich unter dem Druck der USA in einen „global Payer“ verwandelt, kritisiert der französische Sicherheitsexperte Pascal Boniface. Den Kurs hat jedoch Trump vorgegeben: in der Handelspolitik, in der Weltpolitik und zuletzt auch in der Ukraine. Die Europäer hängen an seinem Rockzipfel – und zahlen.