Strommarkt

Was tun gegen die hohen Strompreise?

| 21. September 2022
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Wenn Europa wettbewerbsfähig bleiben will und der allgemeine Wohlstandsverlust gestoppt werden soll, gibt es nur eine Lösung: Die Strompreise an der Börse müssen deutlich runter.

Die Strom- und Gaspreise gehen durch die Decke im Vergleich zum Vorjahr haben sie sich mehr als verdoppelt. Insbesondere die Verteuerung von Elektrizität ist für die Betriebe dramatisch: Gegenüber 2021 schossen die Strompreise um 174,9 Prozent nach oben.

Da die Märkte "verrückt" spielen, fordern jetzt selbst die stärksten Verteidiger des freien Marktes staatliche Eingriffe. Wiederholt sich die Geschichte von 2008, als Banken mit Staatshilfe gerettet werden mussten, heute bei den Energieversorgern?

In diesem Artikel sollen die Hintergründe des Strommarktes verständlich gemacht und die wichtigsten Fragen beantwortet werden: Wie funktioniert der Strommarkt? Warum sind die Preise so hoch? Was ist das dahinter liegende Problem? Und wie könnte eine Lösung aussehen?

Wie Stromerzeuger kalkulieren

Strom zu produzieren, kostet nicht immer gleich viel. Strom aus Windkraft oder Photovoltaik ist stark vom Wetter und den Jahreszeiten abhängig. Strom aus Gaskraftwerken hängt am stark gestiegenen Gaspreis, selbst Strom aus Wasserkraft schwankt, da in Dürreperioden weniger Wasser in den Flüssen die Turbinen antreibt. Auch Atomstrom ist nicht konstant, da jederzeit technische Gebrechen auftreten können oder ein Atommeiler zu Wartungszwecken heruntergefahren werden muss. Bei direkt gekühlten Kernkraftwerken muss zudem ständig genügend kühles Flusswasser entnommen und wärmer wieder in den Fluss eingespeist werden. Wenn das Flusswasser in Hitzeperioden weniger oder zu warm wird, muss das Kernkraftwerk ebenfalls heruntergefahren werden. In Frankreich sind derzeit mehr als die Hälfte aller Atomkraftwerke nicht am Netz.

Je nach Herstellungsart schwanken die Kosten für die Stromproduktion also ständig und können nicht zuverlässig vorausgesehen werden. Energieversorger wollen aber möglichst fixe und kalkulierbare Kosten, um die Versorgung der Kunden zu einem versprochenen Preis gewährleisten zu können. Sie begrenzen das Risiko von unkalkulierbaren Schwankungen, indem sie den fehlenden Strom bzw. das Gas für seine Produktion mittels langfristiger Verträge einkaufen sowie umgekehrt zu erwartende überschüssige Kapazitäten verkaufen. Denn nur wenn Ausgaben und Einkünfte im kommenden Jahr produktionsseitig vorhersehbar sind, können die Versorger ihren Endkunden einen verlässlichen Preis zusagen und Stromlieferverträge garantieren.

Strombörsen: Händler trauen sich untereinander immer weniger

Diese langfristigen Verträge können zwischen Käufer und Verkäufer direkt abgeschlossen werden (OTC – Over the counter), wenn sie sich gegenseitig zutrauen, die zum Beispiel in einem Jahr vereinbarte Menge an Strom liefern bzw. bezahlen zu können. Wie in der Bankenkrise 2008, als der Interbankenmarkt (Kredite zwischen Banken) austrocknete, vertrauen sich die Stromhändler aber untereinander immer weniger, weil sie fürchten, dass der jeweils andere die turbulenten Zeiten nicht überleben könnte.

So gewinnt die Strombörse – die als Vermittlerin zwischen Käufer und Verkäufer steht – noch mehr an Bedeutung. Sie schafft nicht nur einen zentralen Handelsplatz, sondern eliminiert durch die Pflicht, Sicherheiten für zukünftige Lieferverträge zu hinterlegen, weitestgehend das Ausfallsrisiko der Gegenpartei.

Die wichtigste Strombörse für den Handel langfristiger Lieferverträge in Europa ist die EEX in Leipzig, die „European Energy Exchange“. Um tagesaktuelle Schwankungen zu handeln, gibt es in Paris die EPEX („European Power Exchange“). Für die Analyse des Systems ist jedoch nur der langfristige Handel von Bedeutung.

Sowohl Käufer als auch Verkäufer von in der Zukunft zu zahlenden Einkäufen bzw. zu liefernden Strommengen müssen eine Kaution (Margin) hinterlegen, um auf der Strombörse handeln zu können. Dass ein Lieferant bei größeren Bestellungen eine Anzahlung, eine Bankgarantie oder andere Sicherheiten verlangt, kommt im Alltag öfter vor. Dass aber ein Lieferant, der die Produktion vorfinanziert, auch noch den zu erwartenden Kauferlös vorab als Sicherheit hinterlegen muss (im Falle der Strombörse bei der ECC, der „European Commodity Clearing“), klingt für das übliche Verständnis von Wirtschaft ungewöhnlich.

Der Sinn dahinter: Falls der Lieferant nicht wie vereinbart liefern kann, nimmt der Treuhänder die Kaution und kauft die versprochenen Waren anderswo, damit der Käufer sicher zu seiner Lieferung kommt. Steigt aber der Preis für die bestellte Ware, muss der Verkäufer mehr Sicherheiten hinterlegen (Margin Call).

Das Beispiel Wien Energie

Genau das ist dem kommunalen Versorger Wien Energie Ende August in einem so großen Ausmaß passiert, dass das Unternehmen kurzfristig Geld von der Stadt Wien und in weiterer Folge vom Bund benötigte. Wie ist es dazu gekommen?[1]

Angenommen, Wien Energie hat letztes Jahr an der Strombörse einen Liefervertrag für 2023 für 70 Euro pro Megawattstunde (MWh) mit einem Käufer abgeschlossen. Dazu musste sie damals auch eine Kaution als Sicherheit hinterlegen, die im Wesentlichen vom Tagespreis des Stroms und dessen Schwankungsbreite abhängt. Der Einfachheit halber nehmen wir eine Kaution mit 100% des Strompreises an, demnach hinterlegte Wien Energie 70 Euro pro MWh beim Treuhänder. Wenn der Tagespreis für Strom steigt, muss sie zusätzliche Sicherheiten hinterlegen, fällt er, bekommt sie Teile der Sicherheiten wieder zurück.

Als der Preis an der Strombörse – wie es am Freitag, dem 26. August, geschehen ist – plötzlich von 600 Euro vom Vortag auf knapp über 1.000 Euro anstieg, musste die Wien Energie am nächsten Werktag für die von ihr gehandelte Menge insgesamt rund 1.700 Millionen Euro an Sicherheiten beim Treuhänder der ECC hinterlegen. Hätte sie die zusätzlichen Sicherheiten nicht mehr bereitstellen können, wäre das bisher hinterlegte Geld vom Treuhänder genommen und das Geschäft sofort abgerechnet worden.

Das hätte bedeutet, dass für die Wien Energie Strom zu diesem extrem teuren Preis vom Treuhänder eingekauft und dem Käufer gutgeschrieben worden wäre. Durch den massiv gestiegenen Preis hätte Wien Energie einen Riesen-Verlust eingefahren. Das Unternehmen war gezwungen, nachdem die bereits erfolgten Finanzhilfen der Stadt Wien nicht mehr ausreichten, über das Wochenende den Bund um Hilfe zu bitten. Schließlich konnte niemand wissen, ob die Preise am Montag noch weiter steigen oder wieder fallen würden. Letztendlich fiel der Preis deutlich, und Wien Energie bekam am Dienstag fast 800 Millionen der Kaution wieder zurück.

Es droht eine Kettenreaktion

In Österreich gibt es auf Bundesebene (Stand 9. September 2022) nur für die Wien Energie einen Hilfsschirm in der Höhe von 6 Milliarden Euro. In Deutschland beträgt dieser für die gesamte Energiewirtschaft 100 Milliarden Euro. Das Medienunternehmen Bloomberg schätzt, dass in Europa derzeit insgesamt 1.500 Milliarden Euro als Sicherheiten für zukünftige Energielieferverträge hinterlegt sind. Das entspricht rund 8 Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung eines Jahres.

Damit ist eine Größenordnung erreicht, die ein zunehmend nicht mehr beherrschbares Risiko darstellt. Der Ausfall eines großen Players würde – wie 2008 in der Bankenkrise – zu einer Kettenreaktion führen, und es würde erneut ein "too big to fail" geben. Das heißt, Staaten müssten die Verluste abfangen, um einen Flächenbrand in der Energiebranche zu verhindern.

Selbst wenn alle Marktteilnehmer – mit oder ohne staatliche Hilfe – die hohen zu hinterlegenden Sicherheiten dauerhaft stemmen können, bleibt immer noch das grundlegende Problem der extrem hohen Gas- und Strompreise. Angenommen, der Börsenpreis für Strom liegt 2023 durchschnittlich bei 200 Euro pro MWh, dann ist es gesamtwirtschaftlich gesehen egal, ob Käufer oder Verkäufer die bessere Risikoabsicherung („hedging“) an der Börse gefahren haben. Eine der beiden Seiten zahlt die Differenz vom Preis des Futures zum Tagespreis auf der Strombörse. Schlussendlich werden die Energieversorger diese Mehrkosten auf ihre Kunden abwälzen, sodass am Ende des Tages alle die Zeche zahlen. Entweder durch ungewohnt hohe Strompreise, oder – weil der Staat mit Stützungen eingegriffen hat –, über höhere Steuern oder mehr Zinsen aufgrund gestiegener Staatsschulden.

Wenn zum Zeitpunkt der vereinbarten Lieferung im Jahr 2023 der Strompreis wie oben angenommen bei 200 Euro pro Megawattstunde liegt, muss Wien Energie die Differenz von 130 Euro pro Megawattstunde (200 Euro Tagespreis minus 70 Euro Verkaufserlös) zahlen und als Verlust aus dem Termingeschäft verbuchen. Nur, wenn sie dann so viel Strom wie gerade gehandelt produziert und um die erhöhten 130 Euro pro Megawattstunde verkauft, kann sie die Verluste wieder ausgleichen. Sie müsste also den Energiepreis für die Endkunden um zusätzliche 13 Cent pro Kilowattstunde (kWh) erhöhen, um den Börsenverlust wieder wettzumachen. Man sieht hier, wie die Verluste an der Börse auf die Endkunden durchschlagen.

Die Strompreise an der Börse müssen runter

Ein Vorschlag besteht darin, die überschießenden Zufallsgewinne mittels einer sogenannten „Übergewinnsteuer“ komplett zu besteuern, und damit diejenigen Endkunden zu entlasten, die am meisten unter den hohen Energiepreisen leiden. Dadurch würde das Problem sozial abgefedert und vom Mittelstand getragen.

Wenn aber Übergewinne bei Unternehmen entstehen, die nicht in Europa steuerpflichtig sind und damit nicht abgeschöpft werden können, dann sind die Kosten für die Verbraucher in Europa noch höher. Übergewinne entstehen in dieser Hochpreisphase nicht nur bei Stromproduzenten, die dank Wasser, Wind oder Sonne günstig produzieren und zum Marktpreis teuer verkaufen können, sondern auch bei großen Finanzinvestoren, die in diesen volatilen Zeiten durch den Derivatehandel an der Strombörse extreme Gewinne eingefahren haben.

Somit bleibt volkswirtschaftlich gesehen nur eine wirkliche Lösung: Die Strompreise an der Börse müssen wieder deutlich runter, wenn Europa wettbewerbsfähig zu anderen Wirtschaftsräumen bleiben will und der allgemeine Wohlstandsverlust gestoppt werden soll. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten, die mehr oder weniger vernünftig bzw. nachhaltig sind.

1) Die Nachfrage muss sinken

Weniger Energie zu verbrauchen ist auch im Sinne des Klimawandels vernünftig. Da Strom heute aber ein Grundbedürfnis der Menschen und der Wirtschaft ist, wird es immer eine große Nachfrage geben. Energie effizienter zu nutzen oder ganz einzusparen wird daher kurzfristig vermutlich nur im einstelligen Prozentbereich realistisch möglich sein.

2) Das Angebot an Strom erhöhen

Atomkraftwerke länger laufen zu lassen – wie nun in Deutschland angedacht – erscheint nur als kurzfristige Notlösung denkbar, da die grundlegenden Probleme des radioaktiven Abfalls und der drohenden Sicherheitsrisiken im Betrieb weiterhin ungelöst sind. Der Ausbau der Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen, wie Wasser, Wind und Sonne erfordert jedoch viele Ressourcen sowie Fachkräfte und wird erst mittelfristig im relevanten Terrawattstunden-Bereich wirksam. Im Sinne des Klimaschutzes sind dann auch noch die bestehenden klimaschädlichen Kraftwerke (Kohle, Gas) zu ersetzen. Der Ausbau der Erneuerbaren wird unterm Strich um jenes Ausmaß weniger zusätzliches Stromangebot schaffen, wie man aus Klimaschutzgründen Zug um Zug fossile Kraftwerke abschaltet.

3) Gamechanger: Eingriff in den Stromhandel

Kurzfristig werden diese beiden obigen Strategien nicht zu einer Lösung der aktuellen Probleme mit den ruinös hohen Energiepreisen führen. Somit kommen wir zu dem aus meiner Sicht eigentlichen Gamechanger, den staatlichen Eingriff in den Stromhandel selbst.

Dieser besteht aus einem kurzfristig umsetzbaren Ansatz 3a) mit der Reform des Börsenhandels und einem mittelfristigen Ansatz 3b) mit dem Umstieg auf einen geregelten bilateralen Stromhandel, der dem Derivatehandel an der Strombörse ein Ende setzt.

3a) Den Stromhandel an der Börse reformieren

An der Strombörse wird derzeit in der Regel Graustrom, das heißt, nicht gekennzeichneter Strom verkauft. Also wird Strom aus jeglicher Art von Stromerzeugung in einen Topf geworfen und als ein Gut gehandelt. Strom hat denselben Preis, egal, ob er aus Atom-, Wasser- oder Windkraft, Photovoltaik oder aus einem Gaskraftwerk stammt. Somit wird der Wettbewerb zwischen den unterschiedlichen Erzeugungsarten aufgehoben, und jeder Stromerzeuger bekommt den Einheitspreis, der sich an der Börse bildet, unabhängig davon, wie teuer oder billig er den Strom produzieren kann. Das teuerste Kraftwerk, das gerade noch nötig ist, um den Bedarf zu decken, bestimmt den Preis für den gesamten Strommix. Dieses Prinzip nennt sich „Merit Order“. Der Name leitet sich vom lateinischen meritum ab: ‚Verdienst‘. Am meisten verdient jener Produzent, der seinen Strom am billigsten erzeugen und ihn dann an der Börse zu den Grenzkosten des teuersten Stromproduzenten (derzeit die Gaskraftwerke) verkaufen kann.

Der Handel an der Strombörse sollte daher für jede Produktionsart gesondert gehandelt werden, sodass sich je ein Preis für Strom aus Wasserkraft, Windenergie, Sonnenenergie etc. bildet. Dann ergibt sich beim Einkauf des Stroms automatisch eine Mischkalkulation und es gilt nicht wie bei der jetzigen Vorgangsweise, bei der alles in einen Topf geworfen wird, der höchste Preis von jener Erzeugungsart, die gerade noch notwendig ist, um die letzte Nachfragelücke für den gesamten Strombedarf zu decken.

Dass die gesonderte Abrechnung – zusätzlich nach Produktionsart – technisch möglich ist, auch wenn Strom in der Leitung nicht nach Herkunftsart physikalisch unterschieden werden kann, zeigt der Ökostrom. Hier wird in einem eigenen Rechnungskreis sichergestellt, dass Strom aus erneuerbaren Energien im Ausmaß der von allen Ökostrom-Kunden verbrauchten Leistung ins Netz eingespeist wird.

Zusätzlich könnten Handelsregeln eingeführt werden, die bewirken, dass bei extremen Preisschwankungen der Handel automatisch ausgesetzt wird, bis sich die Lage normalisiert hat. So käme es nicht kurzzeitig zu solch extremen Nachforderungen bei den Sicherheiten (Margin calls).

Weiters sollte der Hochfrequenzhandel unterbunden werden, da er die Volatilität der Märkte erhöht und hauptsächlich der Erzielung von Spekulationsgewinnen dient, und nicht der langfristigen Absicherung von Handelspreisen. Diese Unterbindung könnte erzielt werden, indem zum Beispiel die Börsenplattform nur drei Preisbildungen per Auktion pro Tag vornimmt.

Zum Handel an der Strombörse würden nur noch Markteilnehmer zugelassen werden, die über eigene Stromkraftwerke verfügen bzw. Endkunden mit Strom beliefern. Zusätzlich wäre ihr Handelsvolumen auf jeweils jene Strommenge begrenzt, die nachweislich deren Kraftwerke leisten bzw. deren Endkunden nachfragen. Somit wären jene Händler ausgeschlossen, die die Strombörse nur zu Spekulationsgeschäften ohne realwirtschaftlichen Bezug (zum Beispiel für Leerverkäufe ohne Underlying) nutzen.

3b) den freien anonymen Börsenhandel durch einen mittels Preisspannen geregelten Markt ersetzen

Die zentrale Strombörse wurde Anfang der 2000er Jahre mit dem Ansinnen einer Liberalisierung der Märkte nach Vorgaben der EU eingeführt. Der freie Markt sollte laufend für den günstigsten Strompreis sorgen. Wenn aber Stromproduzenten über eine Börse gemeinsam ihre Stromproduktion, egal aus welcher Quelle, bündeln, und nur zu einem einzigen sich bildenden Marktpreis verkaufen, dann erscheint das so, als ob viele Einkäufer von Seiten der Energieversorger einem vereinten Verkäufer – repräsentiert durch die Börse – gegenüberstehen. Klingt das nicht nach einem Anbietermonopol? Der Wettbewerb zwischen den Anbietern scheint eliminiert zu sein. Kann man das noch als freien Markt bezeichnen?

Der an der Strombörse erzielte Preis spiegelt nicht die tatsächlichen Produktionskosten in einer Mischkalkulation wider, sondern alle Anbieter hängen sich am höchsten zu erzielenden Preis an und ziehen die Einkäufer mit vereinten Kräften über den Tisch. Der Handel an der Börse führt dazu, dass nur mehr der maximal erzielbare Kurs aus Angebot und Nachfrage den Preis regelt, und nicht mehr die tatsächlichen Kosten. Auch verschwindet durch den zentralen Handel mit dem teuersten Preis (Merit Order), der dann für alle Anbieter gilt, der Wettbewerb der Anbieter untereinander.

Da Strom zur Daseinsvorsorge gehört, sollte er kein an Börsen handelbares Gut sein. Sinnvoll wäre daher, wieder zum Handelssystem vor Einführung der Strombörse zurückzukehren. Strom wird dann wieder ohne Zwischenhändler und Börsenspekulation verkauft: langfristig und direkt zwischen Produzenten und Energieanbietern.

Der Strompreis wird für diese bilateralen Transaktionen von einer Aufsichtsbehörde mittels eines Preisbandes nach unten und oben begrenzt. Dazwischen kann sich der Markt frei bewegen. Das Preisband kann nach volkswirtschaftlichen Kriterien angepasst werden, nach denen die Lieferkontrakte geschlossen werden dürfen – ähnlich wie im Geldsystem, wo die Zentralbank das Zinsniveau künstlich festlegt.

Zur Absicherung des Ausfalls der Gegenpartei bei den direkten Lieferverträgen wird von der Branche ein Haftungsverbund dotiert – ähnlich wie der Haftungsverbund oder die Einlagensicherung bei Banken.

Die freie Wahl des Anbieters sollte beibehalten werden, damit ein Wettbewerb um die Endkunden stattfindet. Nur der zuständige Netzbetreiber ergibt sich „automatisch“, wie bisher, durch das verlegte Stromkabel zum eigenen Anschluss.

Dass dringender Handlungsbedarf besteht, ist auch in der Politik längst Konsens. Es geht nur noch ums Wie.

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[1] Wien Energie hat noch nicht im Detail offengelegt, welche Transaktionen zu dem hohen Margin Call geführt habe, womit das hier beschriebene Praxisbeispiel nur das Prinzip der Futures für einen kommunalen Anbieter vereinfacht darstellt.