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Eurozone wächst – Deutschland als schwache Stütze

| 23. September 2025
IMAGO / Markus Tischler

Die Eurozone meldet hohe Geschäftstätigkeit – getragen von Deutschland. Doch Frankreich und andere Mitgliedsländer stecken in der Rezession. Ohnehin spiegelt der PMI nur kurzfristige Stimmungs- und Auftragsdaten wider, nicht aber die gesamte konjunkturelle Lage.

Die Eurozone hat im September den höchsten Stand der Geschäftstätigkeit seit 16 Monaten erreicht. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) kletterte auf 52 Punkte und signalisiert damit eine kurzfristige Belebung. Auffällig ist dabei die Rolle Deutschlands: Während Frankreich weiterhin schrumpft, sollen deutsche Unternehmen wieder zum leichten Wachstum des Währungsraums beitragen.

Doch dieser Befund ist trügerisch. Der PMI spiegelt kurzfristige Stimmungs- und Auftragsdaten wider, erfasst aber nicht die gesamte konjunkturelle Lage. Für Deutschland zeigen die Zahlen: Vor allem Dienstleistungen legen zu, während die Industrie weiter schwächelt. Hotels, Gastronomie und unternehmensnahe Dienste profitieren von einer stabileren Binnennachfrage. Demgegenüber bleibt die verarbeitende Industrie unter Druck – nicht zuletzt durch die anhaltenden US-Zölle von 15 Prozent und den verschärften Wettbewerb mit China.

Noch deutlicher wird die Diskrepanz, wenn man die Jahresprognosen der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute betrachtet. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) hat seine Prognose für 2025 auf nur noch 0,1 Prozent Wachstum gesenkt. Das ifo-Institut in München und das RWI in Essen erwarten 0,2 Prozent. Für die Folgejahre sehen die Institute bestenfalls ein Wachstum um die 1,2 bis 1,3 Prozent – historisch schwache Werte.

Damit wird klar: Deutschland trägt zwar kurzfristig rechnerisch zum Wachstum der Eurozone bei, weil andere Länder – allen voran Frankreich – tiefer in der Rezession stecken. Aber es handelt sich nicht um eine nachhaltige Erholung. Die strukturelle Schwäche des deutschen Modells bleibt bestehen: zu starke Exportabhängigkeit, zu wenig Investitionen in Infrastruktur und zu schwache Binnenkonjunktur.

Für die Eurozone bedeutet dies: Die positive PMI-Nachricht verdeckt mehr, als sie erhellt. Wenn ein Land mit nahezu null Wachstum als Stütze gilt, ist das ein Alarmsignal. Denn ohne eine koordinierte Fiskalpolitik, die Nachfrage stützt und Investitionen anstößt, verstärkt sich die wirtschaftliche Divergenz im Euroraum. Deutschland wird sein schwächelndes Wachstumsmodell nicht exportieren können – und Frankreichs Rezession verschärft die Gegensätze in der Währungsunion.

Aus keynesianischer Sicht gilt: Ein Aufschwung, der allein auf kurzfristigen Dienstleistungsimpulsen basiert, reicht nicht. Solange es keine europäische Antwort in Form gemeinsamer Investitionsprogramme gibt, bleibt die Eurozone anfällig – und die vermeintlich guten Nachrichten sind nur ein Strohfeuer.